Union auf Schlingerkurs
Im Lehrbuch über die Regeln politischer Führungskunst lautet eine
Faustformel, dass man bei jeder Reform, erst recht aber bei
einschneidenden Kurskorrekturen die eigenen Anhänger nicht
überfordern soll und Wähler auf dem neuen Weg mitnehmen muss, ohne
selbst aus der Kurve getragen zu werden. Gegen diesen Erfahrungssatz
verstoßen namhafte Repräsentanten der Union seit Tagen. Zwar hat
Bundeskanzlerin Angela Merkel höchstpersönlich die Weichen auf
Atomausstieg gestellt und damit ihrer Partei eine Kehrtwende
verordnet, die vielen Mitgliedern und Sympathisanten nicht nur zu
schnell kommt, sondern auch prinzipiell in die falsche Richtung geht.
Doch das Tempo, mit dem sich führende Vertreter von CDU und CSU jetzt
von bisherigen Überzeugungen verabschieden, ist mehr als
atemberaubend. Bayerns Umweltminister Markus Söder jedenfalls ist
zuvor nicht als Kernkraftgegner aufgefallen. Aber was Stefan Mappus
kann, schafft der vormalige CSU-Hardliner in noch rasanterer
Geschwindigkeit – die Abkehr von einem Markenkern konservativer
Ordnungspolitik. Für das Gesamtbild der Union ist ein solcher
Schlingerkurs Gift. Er untergräbt die Glaubwürdigkeit von CDU und CSU
weiter. Söder kann von Glück sagen, dass am Sonntag nicht auch im
Freistaat gewählt wird. Die Bürger würden dem fränkischen Wendehals
die passende Quittung ausstellen.
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Lothar Tolks
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