Südwest Presse: KOMMENTAR · BAHN

Falsches Signal

Zum Besten, was der Deutschen Bahn in den vergangenen Jahren
einfiel, gehörte, Reisende mit günstigen Angebote auf die Schiene zu
locken. Die Züge fahren ohnehin. Da ist es sinnvoll, sie auch
auszulasten. Wenn sie ausgerechnet bei diesen Offerten die
Preisschraube nach oben dreht, greift sie Bürgern ins Portemonnaie,
denen jede zusätzliche Ausgabe wehtut: Familien, Arbeitslose,
Jugendliche, Senioren mit kleiner Rente. Wer seine Gewinne zu
steigern sucht, den stören solche sozialen Aspekte meist wenig. Die
Bahn hat aber auch den Auftrag, Menschen zu angemessenen Preisen zu
befördern. Sie hat überdies eine lange Tradition als
familienfreundliches Staatsunternehmen, das sich der Gesellschaft als
Ganze verpflichtet fühlt. Nimmt sie diese Verantwortung ernst, kann
sie die massivsten Preissteigerungen nicht dort vornehmen, wo es vor
allem sozial Schwächere trifft. Völlig inakzeptabel ist, dass sie ihr
Preissystem nicht offen darlegt, sondern abwartet, bis Reisende
bemerken, dass sie bald tiefer in die Tasche greifen müssen als
angekündigt. Die Bahn gefährdet mit dem neuen Preissystem auch ihr
Ziel, mehr Menschen für eines der umweltfreundlichsten
Beförderungsmittel zu gewinnen. Bahnvorstand und Bundespolitik sind
daher gut beraten, über die versteckten Verschlechterungen für
Bahnfahrer noch einmal nachzudenken. Ein Preisaufschlag von 3,9
Prozent ist happig, zweistellige Erhöhungen sind unangemessen.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218