Rätselhafter Rücktritt
Clemens Binninger ist ein ehrenwerter Mann und ein über die
Parteigrenzen hinweg anerkannter Experte für alle Fragen der inneren
Sicherheit. Der CDU-Abgeordnete hatte maßgeblichen Anteil daran, dass
der NSU-Untersuchungsausschuss zu einem Muster an parlamentarischer
Aufklärung ohne parteipolitisches Gezänk wurde, zum Vorbild für eine
Zusammenarbeit aller Fraktionen, die vornehmlich an der Sache
interessiert sind, nicht an medialer Selbstdarstellung. Wenn
Binninger seinen Verzicht auf das Amt des Vorsitzenden im
NSA-Untersuchungsausschuss nun damit begründet, dass er nicht auf
ähnliche Weise überparteilich und sachorientiert arbeiten könne wie
beim NSU-Ausschuss, sollte man das ernst nehmen. Zugleich wirft der
Vorgang Fragen auf. Binninger musste damit rechnen, dass die
Opposition den ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden als Zeugen
aufbieten will, notfalls gegen den Willen der Koalition. Und er
konnte von vornherein nicht ausschließen, dass seine Doppelrolle als
Chef des NSA-Ausschusses und des Parlamentarischen Kontrollgremiums
für die Geheimdienste konfliktreich sein würde. Daher kann man der
Opposition nicht verübeln, dass sie andere Motive hinter Binningers
Rücktritt vermutet. Dennoch sollten Linke und Grüne im eigenen
Interesse alles vermeiden, was schädlich für die Aufklärungsarbeit im
NSA-Ausschuss ist. Licht in die Ausspähaffäre bringen die
Parlamentarier nur, wenn sie sich nicht in scharfer Konfrontation
verzetteln, sondern versuchen, gemeinsam jene Mittel auszuschöpfen,
die dem Ausschuss überhaupt zur Verfügung stehen. GUNTH
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