Südwest Presse: KOMMENTAR · BISCHOFSKONFERENZ

Kein stiller Moderator

Erst im vierten Durchgang wurde Reinhard Marx zum Vorsitzenden der
Deutschen Bischofskonferenz bestimmt. Die Entscheidung ist Ausdruck
einer komplizierten Kursbestimmung. Wie viel Profil braucht die
katholische Kirche in Deutschland, wie viel Freiraum benötigen die 27
Bistümer? Wird die Konferenz künftig zentralistischer geführt? Auch
um diese Fragen ging es in Münster. Die Bischofsmehrheit hat sich für
einen Vorsitzenden entschieden, der sich nicht mit der Rolle eines
stillen Moderators begnügen wird. Der mit Rom bestens vernetzte Marx
wird wortgewaltig Akzente setzen. Widerspruch oder Konflikte scheut
er nicht. Ob er angesichts seiner vielen Aufgaben Zeit und Nerven
hat, jeden Vorstoß mit den Ortsbischöfen abzustimmen, ist mehr als
ungewiss. Der jetzt schon in Lager gespaltenen Bischofskonferenz
könnte das weiter zusetzen. Mit einem einflussreichen Konservativen
an der Spitze könnten die liberalen unter den Bischöfen in die
Defensive geraten. Mehr als die aufgeschlossenen Bischöfe müssen
jedoch die Zagenden einen mächtigen Vorsitzenden fürchten. Zwar
können diese sich hinter Marx“ breitem Kreuz verstecken und müssten
nach außen wenig Position beziehen. Doch ihre Einwände werden den
neuen Vorsitzenden nicht bremsen. Ebenso wenig wie Einwürfe, die über
Bande vom Vatikan zurück nach Deutschland gespielt werden. Marx muss
ungebetene Ratgeber nicht fürchten.

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Ulrike Sosalla
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