Südwest Presse: KOMMENTAR · MESSERATTENTAT Aufstehen!

Zurecht warnen viele Politiker nach dem Anschlag auf
die Kölner OB-Kandidatin Henriette Reker vor der gewalttätigen
Eskalation rechter Stimmungsmache in der Flüchtlingsdebatte, die
solche Taten erst möglich mache. Doch das Messerattentat von Köln
reicht, ganz unabhängig von der politischen Motivation des Täters,
tiefer. Unsere Gesellschaft lebt von einem offenen Miteinander, von
dem Grundvertrauen, dass politische Konflikte zumindest auf lokaler
Ebene in der Regel friedlich gelöst werden. Noch bewegen sich die
Oberbürgermeister unserer Städte, unsere Landräte frei und ohne jeden
Schutz unter der Bevölkerung. Es ist geradezu das Merkmal guter
Kommunalpolitik, dass der Amtsinhaber selbst in Großstädten täglich
mit seinen Bürgern ins Gespräch kommt. Ulm und sein scheidender
Oberbürgermeister Ivo Gönner sind dafür ein großartiges Beispiel. Der
Anschlag von Köln, der Rücktritt des Bürgermeisters von Tröglitz
zeigen aber in eine andere Richtung: Der Trend zur Radikalisierung
und die Bereitschaft zu Gewalt reicht sich bis in die kleinste Zelle
unserer demokratischen Struktur. Beugen wir uns diesem Trend,
verliert die Demokratie ihre Basis. Demokratie muss sich wehren,
aufstehen, Gewalt und Gewaltverherrlichung verfolgen und hart
bestrafen. Und die eigenen Werte leben. Zum Beispiel zur Wahl gehen.
Hier haben zumindest die meisten Kölner gestern eine Gelegenheit
verpasst.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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