Gefangen in der Gewalt
Deutsche Knäste – ein Hort der Gewalt? Man mag es kaum glauben,
aber stimmen die Zahlen, die der Kriminologe Christian Pfeiffer
ermittelt hat, dann ist das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden,
in staatlicher Obhut ungleich höher als auf der Straße. Dass
Gefangene höhnen, ihre Versorgung mit Drogen sei drinnen besser als
draußen, ist bekannt, doch diesmal geht es um Mobbing, Prügel und
Vergewaltigungen – begangen von Mitgefangenen an Opfern, die nicht
weglaufen können, weil Gitter sie daran hindern. Dass Haft niemanden
bessert, ist ebenso ein alter Hut wie die Erkenntnis, dass mancher
erst dort die Erfahrungen sammelt, die ihn zum richtig schweren
Jungen machen. Gestraft wird dennoch. Verbrechensopfer und
Gesellschaft fordern das – mit Tendenz zu härteren Sanktionen. Selbst
kritische Köpfe geben zu, dass jede Rechtsordnung der steten
Bestätigung bedarf: Übeltäter kommen nicht ungeschoren davon. Doch
wenn Einigkeit herrscht, dass Strafe sein muss, ist der Staat
gefordert, jene, die in allen Aspekten ihres Lebens seiner Gewalt
unterworfen sind, vor Übergriffen zu schützen. Er muss die brutalen
Hierarchien und Riten, wie sie allen abgeschotteten
Männergesellschaften eigen sind, konsequent bekämpfen. Das kostet
Geld, für Justizpersonal wie für zeitgemäße Gebäude, und ist doch
unumgänglich. Denn die Angst beim Gang in die Gemeinschaftsdusche
gehört nun mal nicht zum Strafenkatalog.
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Lothar Tolks
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