Südwest Presse: Kommentar zum DIPLOMATEN-RAUSWURF

Viel schärfer – zumal unter Verbündeten – konnte die
Reaktion der Bundesregierung auf die US-Spitzeleien in BND und
Verteidigungsministerium nicht mehr ausfallen: Rauswurf des obersten
CIA-Repräsentanten in Deutschland. Diplomatisch schwerstes Geschütz,
sonst höchstens üblich im Umgang mit Staaten wie Nordkorea oder dem
Iran. Nur – ändert die überraschende Aktion irgendetwas an der
Haltung der Amerikaner zu Deutschland? Wohl kaum. Die US-Seite
schwieg gestern beharrlich, man äußere sich nicht zu
Geheimdienstfragen, hieß es. Die Reaktion folgt einem altbekannten
Muster: Mit Gleichgültigkeit, maximal überraschtem Erstaunen reagiert
die US-Regierung immer wieder auf die Vorhaltungen des deutschen
Verbündeten. Das Getöse der Bundesregierung ist verständlich – aber
es ist ebenso populistisch. Geheimdienste spionieren, das ist ihr
Bestimmungszweck. Dass die Amerikaner dabei vor niemandem haltmachen,
weiß jeder. Dies macht ihr Verhalten nicht besser. Doch die Kategorie
Enttäuschung ist im Verhältnis unter Schlapphüten einfach nicht
angebracht. Empörend bleibt dagegen, dass die US-Behörden weltweit
ganze Völker unter Generalverdacht stellen und unter diesem Vorwand
Milliarden Telefonate mitschneiden und abhören. Die Ausweisung des
US-Beamten mag der deutschen Seele guttun – den eigentlichen Skandal
wird sie nicht beenden.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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