Südwest Presse: Kommentar zum Erbrecht

Was geht es uns an, wenn Frankreich das Erbrecht
nichtehelicher Kinder auf die Höhe der Zeit bringen muss? Ziemlich
viel. Denn hierzulande sieht es nicht viel besser aus als jenseits
des Rheins. Erst 2009 stellte Deutschland nichteheliche Kinder im
Erbrecht vollständig gleich – und muss jetzt wohl nochmals
nachbessern. Denn einmal mehr bringt der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte in Straßburg Bewegung in Lebensbereiche, in denen der
gesellschaftliche Wandel die starre Rechtsordnung längst überholt
hat. Es ist ein scharfer, anti-traditionalistischer und säkularer
Wind, der aus Straßburg weht und der die Regierungen und Parlamente
der 47 Mitgliedsstaaten des Europarats vor sich hertreibt. Geht es
nach dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, sind gerade Fragen
des Familienrechts als kulturelle Faktoren internationalem Zugriff
entzogen. Den Richtern in Straßburg ist das egal. Kaum ein
internationales Organ ahndet Diskriminierung so konsequent wie sie –
ohne Rücksicht auf nationale Befindlichkeiten und sicher geglaubte
Rechtspositionen. Zu spüren bekommen das Staaten, die Relikte einer
antiquierten Sicht mit sich schleppen, aus der vor allem im
Familien-, Erb- und Arbeitsrecht Fragen von Abstammung, Konfession
oder sexueller Orientierung als Kriterium für Ausschluss oder
Zugehörigkeit anerkannt waren. Deutschland gehört dazu. Kläger, die
in Straßburg vorstellig werden, finden sich mit Sicherheit.

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Lothar Tolks
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