KDominik Brunner hat Zivilcourage gezeigt. Ohne die
Prügel der beiden Jugendlichen, in deren Strafprozess gestern die
Plädoyers gehalten wurden, würde er noch leben. Das ist unbestritten.
Und darüber, ob der Zusammenhang zwischen diesen Fakten nun als Mord,
Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge zu werten ist, wird am
6. September das Gericht befinden. Bereits heute ist klar: Der
Brunner-Prozess gehört zu jenen spektakulären Strafverfahren, die –
wie es seit geraumer Zeit üblich geworden ist – von unsäglicher
Stimmungsmache begleitet waren. Zugegeben, von Verhältnissen wie in
den USA, wo es ab und an zum Konzept des Staatsanwaltes gehört, auf
die Dämonisierung des Angeklagten zu setzen, um so das Gericht zu
beeindrucken, sind wir zum Glück weit entfernt. Die Zutaten zu diesem
gefährlichen geistigen Gebräu waren indessen alle vorhanden. Bedrohte
Kinder; ein Mann, der – anders, als andere – nicht wegsieht und sein
Leben einsetzt. Ein Held. Ein Vorbild. Wer hier gut und wer böse ist,
wer will da noch zweifeln? So entstehen mediale Parallelprozesse,
hochemotional und bar nüchterner Distanz. Sie befeuern eine
Diskussion, die zunehmend droht, die Gerichte vor sich herzutreiben.
Es ist die Aufgabe der Justiz, diesem Druck zu widerstehen. Gelingt
ihr das, ist zu befürchten, dass eine nach Härte gierende Masse
bereit ist, Differenziertheit als Schwäche zu werten. Das wäre die
Höchststrafe. Und das beunruhigt.
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Lothar Tolks
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