Südwest Presse: Kommentar zum Thema Atommeiler

Angela Merkel reist durchs Land und lobt Wasserkraft
und Windenergie – doch wie lange die Atommeiler noch laufen sollen,
bleibt offen. Dabei ist gerade in Baden-Württemberg, wo vier der 17
deutschen AKW betrieben werden, diese Auskunft der Regierungschefin
von hohem Interesse. Kaum zu bestreiten ist, dass die Länder von der
Laufzeiten-Entscheidung stark betroffen sind und deshalb der
Bundesrat tunlichst dabei mitreden sollte. Mangels tauglicher
Endlager-Möglichkeiten wurden nämlich an einigen Atommeilern
eigenständige Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente
eingerichtet. Deren Beaufsichtigung ist Ländersache. Laufen die
Meiler länger als gesetzlich vorgesehen, müssen die als Provisorium
gedachten Lager nicht nur länger zur Verfügung stehen als geplant,
sondern womöglich sogar noch erweitert werden. Darüber kann Berlin
kaum autonom entscheiden. Eine Mehrheit für längere Laufzeiten
existiert im Bundesrat derzeit aber sowenig wie ein
gesellschaftlicher Konsens über die Atomkraftnutzung. Womöglich hängt
Merkels Zaudern in Sachen Kernkraft nicht nur mit der Frage der
Brennelementesteuer oder ihrem mauernden Umweltminister Röttgen
zusammen, sondern mit grundsätzlichen Bedenken, dass sich die
schwarz-gelbe Koalition mit dem Wahlversprechen an die Stromversorger
verhoben hat. Die Erkenntnis allerdings wäre für viele ihrer Anhänger
schmerzhaft.

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