Thüringische Landeszeitung: Klare Ansage – NPD kann Ministerin nicht den Mund verbieten / Leitartikel von Gerlinde Sommer zur Abweisung der NPD-Klage in Karlsruhe gegen Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD)

Ministerin Manuela Schwesig ist auf Bundesebene für
den Kampf gegen Rechtsextremismus in Teilbereichen zuständig. Und sie
hat – als sie vor einem halben Jahr nach Weimar kam, um hier den
mutigen Bürgern von Ballstädt den Demokratiepreis zu überreichen –
Klartext gesprochen. Im TLZ-Interview sagte sie, dass es das Ziel
Nummer 1 sein müsse, dass die NPD nicht in den Landtag kommt. So
stand es am nächsten Tag in der Zeitung. Die NPD wollte dafür sorgen,
dass die Ministerin dies öffentlich nicht mehr sagen darf. Sie wollte
ihr einen Maulkorb verpassen lassen. Vergeblich.

Jetzt ist klar: Regierungsmitglieder müssen nicht kuschen. Sie
sind nicht gezwungen, mit Wattebäuschchen zu werfen, wenn es um die
Bewertung der NPD geht. Das hat das Bundesverfassungsgericht gestern
klar gemacht. Und damit auch ausgelotet, wo die Verpflichtung zur
Neutralität eines Mitgliedes der Bundesregierung endet und der
politische Meinungskampf seinen eigenen Regeln folgt. Wichtig ist die
Entscheidung von Karlsruhe aber weit über den Einzelfall und das
konkrete TLZ-Interview hinaus. Denn nun steht fest, unter welchen
Umständen es aus Sicht des obersten Gerichts legitim ist, sich in
aller Deutlichkeit über einen politischen Gegner und dessen Wirken zu
äußern. Dieses Urteil ist zu begrüßen, weil sich nun genau abwägen
lässt, inwiefern eine Person, die einer Regierung angehört, Klartext
reden darf.

Der Fall von Heike Taubert, die ebenfalls – wenn auch in anderem
Zusammenhang – von der NPD verklagt wurde, fußt auf einer ganz
ähnlichen Einschätzung. Taubert unterlag allerdings – wie jüngst
berichtet – in einem wichtigen Punkt, weil sie als Ministerin eine
Pressemitteilung verschickte, in der sie zur Demo aufrief. Schwesigs
Worte hingegen auf Interview-Fragen gelten als vom Gesetz gedeckt.
Alles andere hätte auch – schon mit Blick auf Meinungs- und
Pressefreiheit – einen mehr als merkwürdigen Ruch gehabt.

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