Was hinter Entscheidungen in unsicheren Zeiten steckt

Laut dem “Angst-Index“ fürchtet sich niemand mehr! Ist es wirklich
wahr oder handelt es sich um einen Datenfehler, dachte ich, als ich
jüngst bemerkte, dass der sogenannte VIX, der Index, der das
Angstniveau von Investoren spiegelt, inzwischen auf einen Wert von
13 gefallen ist.

Das letzte mal, dass dieses Finanzmarktbarometer so niedrig stand,
war im August 2007 – also vor der Kreditkrise und den zähen
Problemen mit Banken und Staatschulden in Europa. Damals waren
alle noch optimistisch, denn die Immobilienpreise waren vielerorts
enorm gestiegen, und überhaupt, alle Welt fühlte sich einfach nur
fantastisch. Es war ein Klima, das zum jetzigen in keinem größeren
Kontrast stehen könnte.

Warum gibt es dann also plötzlich keine Furcht mehr unter Investoren?
Ist die Zukunft nun soviel absehbarer, der Ausblick so viel rosiger, seit
der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi am 26. Juli
verkündete: „Die EZB wird alles tun, um den Euro zu erhalten … und
glauben Sie mir, es wird genug sein!“

Der VIX-Index jedenfalls liest Draghis Äußerungen als nachhaltige
Veränderung der Lage. In herkömmlichen Kategorien bedeutet ein so
niedriger Furcht-Indikator, dass Investoren nachlässig und übermütig
geworden sind. In dieser Situation war es bisher immer angeraten, auf
sicherere Anlagen zu setzen. Sollte dieses Mal jedoch wirklich alles
ganz anders sein, dann könnte Investoren, die sichere Häfen
angesteuert haben, bald ein böses Erwachen drohen. Das dort
geparkte Geld könnte nämlich schon bald in großem Stil wieder
abgezogen werden.

„Die riskanteste Anlage ist immer diejenige mit dem vermeintlich
kleinsten Risiko“, sagte einmal der Investor Howard Marks. In der Tat:
Betrachtet man die Bewertung einiger sicherer Häfen, etwa die
Aktienkursentwicklung von Unternehmen, die als krisenfest gelten, so
wird sichtbar, dass diese Strategie nicht immer gut ausgehen muss.
So notiert zum Beispiel der Pharmahersteller Novo Nordisk derzeit
bereits mit dem 21-fachen seines EBITDA-Ergebnisses, mit dem 19-
fachen ist es nur etwas weniger beim Bierkonzern SAB Miller. Beide
Unternehmen sind inzwischen teuer, und zwar nach jedem Kriterium,
das sich anlegen lässt.

Ich mache normalerweise keine Marktvorhersagen, aber im Moment
sieht es doch sehr danach aus, als würde der Markt demnächst in die
eine oder andere Richtung ausbrechen. So könnte es sein, dass die
derzeit am Boden liegenden Zykliker – also Aktien, die sich mit der
Konjunkturentwicklung bewegen – oder auch die Bankentitel
demnächst wieder abheben werden. Gut möglich auch, dass die
sicheren Häfen noch längst nicht am Ende sind mit ihrem
Aufwärtstrend. In jedem Fall dürften wir an einem Wendepunkt
stehen. Mein European Best Ideas Fund hat die glückliche Position
durch entsprechende Anlagen auf beide Szenarien eingestellt zu sein.