WAZ: Breivik und seine Opfer. Kommentar von Ulrich Reitz

In Oslo bauen sie gerade das Gericht aus. 600 bis
700 Journalisten werden erwartet, wenn ab April Anders Breivik der
Prozess gemacht wird. Platz geschaffen wird aber auch für 77
Familien, für die Eltern, deren Kinder der 32-jährige Norweger per
Autobombe und Maschinengewehr ermordete, besser: hinrichtete. Seit
gestern müssen die Eltern mit dem schrecklichen Gedanken leben, dass
der Mörder von Oslo und selbst ernannte Henker von Utoya niemals für
seine Taten verantwortlich gemacht werden könnte. Gespaltene
Persönlichkeit. Die Tat unter Drogen begangen. Unzurechnungsfähig.

Lebenslange Haft würde wenigstens einen Hauch von ausgleichender
Gerechtigkeit bedeuten. Dass der Täter zudem ein, nun ja, Irrer ist,
macht dessen Tat aus der Perspektive der Opfer noch ein Stück
sinnloser. Den Angehörigen wird eine tiefe, auf immer schmerzende
Wunde bleiben. Der Gedanke, dass Breivik zwar hoffentlich nie mehr
freikommt, aber in einer sicher komfortablen Anstalt untergebracht
und auf diese Weise Profiteur des vorbildlichen norwegischen
Sozialstaats wird, hält keinerlei Trost bereit.

Und doch geht alles mit rechten Dingen zu und auch in Deutschland
würde in einem solchen Fall ebenso geurteilt werden. Es kann eben
einen Unterschied geben zwischen Rechtsstaat und Gerechtigkeit. Auch
dafür steht der Fall Breivik.

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