WAZ: Die Causa Sarrazin – Wulffs Fehlstart. Kommentar von Walter Bau

Seit zweieinhalb Monaten ist Christian Wulff als
Bundespräsident im Amt. Er hat Konzerte und Ausstellungen eröffnet,
die Präsidenten von Malawi und Polen empfangen und ist beim Tag des
offenen Denkmals durch die Lüneburger Altstadt geschlendert. Alles
lief glatt, es gab viel Beifall. Als Wulff aber seine erste
politische Marke setzen wollte, ging das prompt daneben.

Wulffs Umgang mit der leidigen Causa Sarrazin gerät inzwischen zur
peinlichen Posse. Zuerst empfahl Wulff der Bundesbank, das wegen
seiner kruden Integrations-Thesen umstrittene Vorstandsmitglied
fallenzulassen – obwohl der Präsident selbst Sarrazin formal
entlassen muss. Das brachte Wulff nicht zu Unrecht den Vorwurf der
Befangenheit ein. Nun geraten Wulff und seine Behörde in der Frage,
wer mit wem den Auflösungsvertrag mit Sarrazin aushandelte, erneut in
arge Erklärungsnot.

Wulff hat seine Rolle im höchsten Staatsamt offenbar noch nicht
gefunden. Das ist weniger als hundert Tage nach seiner Wahl keine
Schande. Doch statt sich zurückzuhalten, ist Wulff ungestüm
vorgeprescht in einer Angelegenheit, die Umsicht und
Fingerspitzengefühl erfordert hätte. Ohne Not hat er einen
veritablen Fehlstart hingelegt. Aber da ist er ja nicht der einzige
in der Hauptstadt.

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