Es war noch nie so leicht, zu schwer zu sein. Wer
durch eine Fußgängerzone schlendert, gerät von einer Döner- oder
Backduftschwade in die nächste, die werden ja nicht ohne Absicht auf
die Passanten geblasen. Überhaupt: Bis zum nächsten Lebensmittel sind
es selten mehr als ein paar Meter. Und selbst die lassen sich oft im
Aufzug zurücklegen oder auf der Rolltreppe. Wir brauchen immer
weniger körperliche Energie, um unseren Alltag zu bewältigen. Aber
wir essen gern noch so, als sollten wir zur Feldarbeit unserer
Urgroßeltern antreten oder im Flöz den Abbauhammer schwingen. So
werden zwei von drei Männern zu schwer. Es war aber auch noch nie so
verpönt wie heute, zu schwer zu sein. Wenn sich jedes zweite Mädchen
zu dick fühlt, obwohl es ein normales Gewicht hat, ist das krank. Wir
müssen verrückt sein: Immer mehr werden immer dicker – und die
Traumfiguren werden immer klappriger. Wir sollten wohl beides:
Maßvoller, vernünftiger essen – und klapperdürre Models für krank
erklären, nicht zu Idolen. Wir sollten die Mitte wiederfinden.
Vielleicht müssten wir sogar viel mehr normal sein wollen.
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