WAZ: Ende des blinden Patriotismus. Kommentar von Dirk Graalmann

Es war eine beängstigende Szene: Als sich
Tour-de-France-Sieger Alberto Contador im Herbst wegen seiner
positiven Doping-Probe erklären musste, schmetterte ihm die spanische
Journaille ein aufmunterndes „Alberto Campeón“ entgegen. Die Spanier
sind eine stolze Nation, sie vergöttern ihre Heroen. Auch die
belasteten.

Je mehr Triumphe die spanischen Sportler feierten, umso dumpfer
erschien der Patriotismus. Und das bis in höchste Etagen. Der größte
Contador-Fan etwa heißt Jaime Lissavettzky. Der Mann ist Spaniens
Sportminister und zeigt sich gern herzend mit dem Mann, dessen Kürzel
A.C. in den Akten des Blutpanschers Eufemiano Fuentes schlummerte.
Der Fuentes-Skandal aber versickerte folgenlos, es gab kein Gesetz
und vor allem keinen Willen zur Aufklärung; und das Kürzel A.C.
verschwand einfach aus den Akten.

Inzwischen gibt es in Spanien ein Anti-Doping-Gesetz; wichtiger
für den Erfolg der jüngsten Razzien unter dem Namen Operación Galgo
aber ist die öffentliche Resonanz: Die Reaktion auf die Anklage der
Leichtathletik-Heldin Marta Dominguez ist derart vernichtend, dass
Hoffnung keimt. Denn die größte Gefahr für die Betrüger dieser Welt
sind nicht die Doping-Fahnder, sondern ist der dauerhafte
Liebesentzug der Fans.

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