WAZ: Es geht um die Kinder. Leitartikel von Theo Schumacher

Schule braucht Verlässlichkeit. Im politischen
Streit um das beste Schulsystem in NRW und bei einem
verschwenderischen Verbrauch von Etiketten – von Gemeinschafts- bis
Verbundschule – konnten Eltern und Schüler leicht den Überblick
verlieren. Damit könnte nun Schluss sein. Diesmal gelang es der
zuletzt so angeschlagenen rot-grünen Regierung, ihren Charme als
Minderheit zu entfalten. Sie schaffte den Konsens, weil sie auf eine
CDU zugehen musste, für die viel auf dem Spiel stand. Die
Sekundarschule ist eine Einigung ohne Gesichtsverlust.

Wie sehr aber darf man einem Frieden trauen, der nach 40 Jahren
erbitterter Grabenkämpfe ausgehandelt wurde? Noch müssen komplizierte
Details in die gemeinsame Gesetzesnovelle gegossen werden. Da verhakt
man sich schnell im Kleingedruckten. Auch die Konflikte um das
passende Schulangebot vor Ort verschwinden nicht einfach, nur weil
auf der Landesebene eine Systemfrage gelöst wurde. Es wird weiter
gestritten, auch ideologisch. Zuversichtlich stimmt jedoch, dass der
Kompromiss nicht faul ist. Alle Seiten mussten zurückstecken.

All das sollte als Basis stabil genug sein, um Ruhe in die Schulen
einkehren zu lassen. Denn darum muss es gehen: um Kinder, nicht um
Strukturen. Um der Verlockung erneuter Machtspielchen zu widerstehen,
müssen die Akteure nur beherzigen, was sie sich vorgenommen haben:
mehr individuelle Förderung der Schüler als pädagogisches Prinzip
durchsetzen, unterschiedlichen Talenten gerecht werden und den
schlimmen Mechanismus von sozialer Herkunft und schulischem
Misserfolg durchbrechen.

Fazit: Wenn die Parteien diesen Zielen ein gutes Stück
näherkommen, hätte sich aller Streit gelohnt. Die Chance ist da.

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