WAZ: Franziskus setzt schon Akzente. Kommentar von Paul Kreiner

Wie lange ist Franziskus eigentlich schon Papst?
Fünf Tage erst – er bewegt sich aber mit einer
Selbstverständlichkeit, als hätte er zeit seines Lebens nichts
anderes gemacht. Hatte es am Abend der Papst-Wahl, auf der Loggia des
Petersdoms, noch nach Unsicherheit, nach Selbstzweifeln, nach
Überforderung ausgesehen, so wird von Auftritt zu Auftritt
deutlicher: Da steht einer, der weiß, was er will. Da füllt einer mit
seiner Persönlichkeit, seiner Präsenz jeden Raum. Da setzt einer in
fünf Tagen mehr Akzente als andere in acht Jahren. So faszinierend
diese Entfaltung eines Papstes zu beobachten ist – sie birgt
Gefahren: Franziskus reißt zu viele Traditionen ein. Mit dem
Zeremonienmeister im Vatikan ist er leicht fertig geworden, aber bei
seinen nächsten Schritten hat er den mächtigen Beamtenapparat und den
Filz einer ganzen Kurie gegen sich. Franziskus wäre nicht der erste
Papst, den diese Leute klein bekämen. Es wäre ein Jammer für die
katholische Kirche.

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