WAZ: Gefühlte Bedrohung. Kommentar von Christopher Onkelbach

Es ist paradox: Dort, wo die wenigsten Ausländer
leben, ist der Fremdenhass am größten. Das wissen wir aus zahlreichen
Studien zur Ausländerfeindlichkeit. Die Untersuchung der Universität
Münster bestätigt dieses Phänomen erneut. Die Deutschen sind auch
deshalb dramatisch intoleranter gegenüber Muslimen, weil sie kaum
Kontakte zu ihnen haben. In Frankreich, das Land mit dem positivsten
Islambild der befragten Länder, ist das ganz anders.

Sind wir nun ein unbelehrbares Volk, das sich vor fremden Kulturen
und Religionen abschottet und sie ablehnt? Immerhin, die Deutschen
wollen nicht unfair sein, die Mehrheit will fremde Kulturen durchaus
anerkennen. Doch das Gefühl der Bedrohung ist groß. Vor diesem
Hintergrund wird die Aufregung um den Präsidenten-Satz „Der Islam
gehört zu unserer Kultur“ begreifbar. Die Sarrazin-Debatte machte die
vorhandene Stimmung deutlich, obwohl – wohlgemerkt – die Befragung
kurz zuvor stattfand.

Man muss nun geduldig sein, mit Aufklärung und im Dialog auf die
Vorurteile einwirken. Wir haben einen Lernprozess vor uns. Muss uns
die Studie erschrecken? Vielleicht. Besser wäre es, wenn sie uns
aufschreckt.

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