Mehr Pflege, weniger Politik: Linke-Chefin Lötzsch
hat für ihren Rücktritt ebenso private wie respektable Gründe
genannt. Es wird ihre Entscheidung aber nicht erschwert haben, dass
die Vorsitzende damit auch einen Ausweg aus politisch aussichtsloser
Lage fand: Lötzsch hatte ihre erneute Kandidatur als Vorsitzende
angemeldet, sich aber verkalkuliert – ihr drohte eine Abfuhr. Nur aus
Rücksicht auf die bevorstehenden Landtagswahlen wurde die
Führungsdebatte vertagt. Das hat Lötzsch nun vermasselt. Ihr
Rücktritt gibt den Blick frei auf eine verfahrene Lage einer
zerstrittenen, gelähmten Partei, in der sich nur eines abzeichnet:
Der Einfluss von Oskar Lafontaine, in welcher Rolle auch immer, wird
steigen – womit sich die Linke Koalitionsoptionen verbaut.
Dass Lafontaine Parteichef wird, ist unwahrscheinlich. Viel
spricht für ein Team aus Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch.
Könnte sich die Linke darauf einigen, machten beide mit, fände die
Führungskrise ein halbwegs gutes Ende. Aber Machtkämpfe und ein
komplizierter Proporz dürften eher dazu führen, dass die
Personalfrage die Linke jetzt mehr beschäftigt als alles andere –
ausgerechnet vor Wahlen, in denen der Rauswurf aus zwei Landtagen
droht.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de