WAZ: Kießling darf nicht verteufelt werden. Kommentar von Frank Lamers

Für einen Stürmer in der Bundesliga geht es darum,
Treffer um Treffer zu erzielen und damit für den eigenen Klub Sieg um
Sieg zu sichern. Am Saisonende wird die ganze Schufterei dann
vielleicht sogar noch einmal auf eine sehr persönliche Art und Weise
belohnt. Nein, nicht mit der Heiligsprechung, sondern mit einer
Torjägerkanone. Das ist von Bedeutung. Für den Stürmer Stefan
Kießling müssen nämlich Treffer, Siege und Kanone im Vordergrund
stehen. Und er spielt vor Zehntausenden Menschen in wahnwitzig
aufgeheizter Stadionatmosphäre und weiß, dass mit seinem Erfolg über
die sportliche und wirtschaftliche Zukunft seines Arbeitgebers
entschieden werden kann. Deshalb sagt er dann nach einem Tor, das gar
kein Tor war, eben nicht die Wahrheit. Die für diesen Fall durchaus
wünschenswerte Möglichkeit zur Heiligsprechung schließt das aus. Zur
Verteufelung besteht aber auch kein Anlass. Kießling ist schließlich
unter den Druckbedingungen fehlbar geworden, die in seinem mit
brutaler Ernsthaftigkeit betriebenen Gewerbe üblich sind. Und an der
Erzeugung der Bedingungen haben viele Anteil. Unter dem Strich: alle
Freunde dieses Fußballs.

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