WAZ: Kinder, die keine Kinder sein dürfen – Kommentar von Matthias Korfmann

Wir Eltern sind aus der Sicht der Kinder
wahrscheinlich ganz schön komisch. Wir wollen nicht nur, dass es
unsere Kinder einmal besser haben – davon träumten Eltern immer -,
wir wollen sie präzise auf die Erfolgsspur leiten. Dafür lassen wir
sie für die Schule lernen, bis zu 44 Stunden in der Woche. Zuzüglich
Gitarrenkurs, Tastaturschreiben, Basketball-AG. Der nächste Schritt:
möglichst aus jedem Dreijährigen den Naturwissenschaftler, den
Ingenieur herauskitzeln. Am Weltkindertag sei diese Meinung
gestattet: Wir Älteren erwarten viel von den wenigen Kindern, die wir
in die Welt setzen. Sie sollen mit 5 in die Schule, mit 18 Abi und
mit 23 ihren Master machen. Sie sollen gar nicht mehr aufhören zu
arbeiten, weil wir um die Rente fürchten. Kinder lieben
Herausforderungen, sie wollen ihre Kräfte messen, sie haben viele
Fragen. Es wäre fahrlässig, das nicht zu fördern. Aber bitte mit
etwas mehr Augenmaß. Kinder sind auch ohne das
Terminkalender-Korsett, in das wir sie pressen, Entdecker. Sogar an
Tagen ohne PC, Trainer oder Experimentierkasten. Wir haben die alte
Lektion verlernt, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind. Wer sie
nicht mehr spielen, flüchten oder faulenzen lässt, der versaut ihnen
die schönste Zeit.

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