WAZ: Koalition ohne Plan – Kommentar von Miguel Sanches

Es geht nicht nur um Steuern. Union und FDP müssen
nicht zuletzt beweisen, dass sie als Koalition handlungsfähig sind.
Das betrifft alle politischen Felder. Und einige Reformen, wie etwa
bei der Pflege, vertragen keinen Aufschub. Die Kanzlerin hat zwar
zwei Gipfeltreffen für sich genutzt. Ihre Führungsrolle ist
international unbestritten. Daheim aber wird ihre Koalition
abgeschrieben, buchstäblich wie bildlich. Treffen von Schwarz-Gelb
verliefen zu oft nach einem seltsamen Muster: Der Berg kreißte und
gebar eine Maus. Umso wichtiger war es gestern, eine Einigung zu
erzielen, die kein Formelkompromiss ist. Spätestens hier ist der
Zeitpunkt gekommen, über Steuern zu reden. Unerfüllte Versprechen
sind die Ursünde der Koalition. Es ist an der Zeit, sich beim
Steuerthema ehrlich zu machen und die Debatte endlich zu beenden.
Eine Bundes-Steuer zu senken, wäre am besten. Es wäre ein Stück
Sinnstiftung. Schwarz-Gelb braucht einen Koalitionsvertrag, Teil II:
einen Arbeits- und Zeitplan, vor allem gemeinsame Projekte. Es sind
zwei Jahre bis zur Wahl. Zeit genug, um einem Vorsatz gerecht zu
werden: weniger rudern, mehr steuern.

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