Jeder fünfte Vollzeit-Arbeitnehmer (19,2 Prozent)
verdient so wenig, dass ihm laut der Linkspartei Altersarmut droht.
Wer 45 Jahre lang Beiträge in die Rentenversicherung einzahlt, müsste
mehr als 1667 Euro im Monat verdienen, um nicht auf Grundsicherung
angewiesen zu sein. 3,8 Millionen der aktuell 20 Millionen
Vollzeitbeschäftigten schaffen das nicht. Das geht aus Antworten
der Bundesregierung auf Anfragen der Linkspartei hervor.
Linksparteichef Klaus Ernst sagte den Zeitungen der Essener
WAZ-Mediengruppe (Montagsausgabe): „Wir wollen, dass in Deutschland
wie in anderen europäischen Ländern eine Mindestrente eingeführt
wird“. Zuletzt hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel für eine „Sockelrente“
plädiert.
Rechnet man Teilzeitkräfte und Auszubildende ein, wären sogar 8,7
Millionen der 27 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
betroffen, also jeder Dritte. „Die Entwicklung ist dramatisch“, warnt
Ernst.
Rund 400.000 Rentner waren 2009 (aktuellste Statistik) auf die
Grundsicherung im Alter von durchschnittlich 684 Euro im Monat
angewiesen. Wie stark die Altersarmut steigen wird, ist unter
Experten aber umstritten.
Der Arbeitssoziologe Gerhard Bosch von der Uni Duisburg/Essen
sagt, Langfriststudien würden vor wachsender Altersarmut warnen. Wie
sehr, sei offen, denn: „Der Fachkräftemangel wird für steigende Löhne
sorgen. Die geringfügig Beschäftigten von heute müssen nicht immer so
wenig verdienen.“ Die Politik könne die Altersarmut beeinflussen:
„Sie muss die Aufstiegschancen für Geringverdiener verbessern sowie
Minijobs, Leiharbeit und Outsourcing begrenzen.“
Dagegen hält der Finanzwissenschaftler Reinhold Schnabel die
Schlussfolgerungen der Linken für eine „Milchmädchenrechnung“. Die
meisten Rentner hätten weitere Einkünfte. „Den Rentner, der 45 Jahre
gearbeitet, aber nie gespart hat und auch keine Betriebsrente erhält,
den gibt es nicht“, sagt er. Zudem werde in Paarhaushalten die
Armutsgrenze schnell überschritten. Gegen einen Anstieg der
Altersarmut spreche auch die wachsende Erwerbstätigkeit der Frauen
und die Anrechnung der Erziehungszeiten.
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