Wenn Bund und Länder nach seriöser Prüfung auf ein
Verbot der NPD verzichten, wäre das ein Freifahrtschein für die
Partei. Wenn sie ein Verfahren riskieren und dann verlieren, sei es
in Karlsruhe, sei es in Straßburg, stehen sie auch belämmert da. Das
erklärt das Spiel auf Zeit der Innenminister. Die Skrupel von
Friedrich sind ehrenwert. Aber er und seine Kollegen können noch so
viel Material sammeln, noch so viele Experten zu Rate ziehen – mit
jedem Zwischenschritt wecken sie Erwartungen. Letzte Woche haben sie
die V-Leute in der Führungsebene abgeschaltet, jetzt werden Beweise
gesammelt – und am Ende erwarten die Bürger, dass die Politik
springt. Wenn die NPD nicht verboten werden kann, dann kann keine
Partei aus dem Verkehr gezogen werden. 2003 hat nur ein Richter
gefehlt, eine einzige Stimme. Seither ist die Zahl der Neonazis
gestiegen, es kam zu den NSU-Morden, in einigen Landstrichen erstickt
die NPD jedes politische Leben. Trotzdem bleibt ein Verfahren
riskant. Aber die Entscheidung darüber sollten keine Juristen,
sondern Politiker treffen. Auf Zeit zu spielen, ist mutlos.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de