Bevor die Debatte um die neue Widerstands-Taktik der
Atom-Gegner aus dem Ruder läuft, eine kurze Erinnerung: Nötigende
Sitzblockaden oder sich im Schienenfundament einbetonierende
Aktivisten waren im Wendland schon häufig angewandte Strategien des
zivilen Ungehorsams. Sie rangieren in der Grauzone zwischen illegal,
halb-legal und, nach Ansicht einiger Zeitgenossen, legitim. Die
offene Drohung, den Castor-Zügen den Schotter zu entziehen, steht,
ob-wohl mehr Propaganda und Ausdruck von Ohnmacht, für eine
schrillere Tonlage in einem Katz-und-Maus-Spiel zwischen Staat und
Atom-Gegnern. Würde sie umgesetzt, was 20 000 Polizisten zu
verhindern wissen werden, wäre die rote Linie überschritten.
Die Initiatoren spielen mit dem Feuer. Es reicht einer größer
werdenden Minderheit offenbar nicht mehr, sich wie die
Eltern-Generation auf die Straße zu setzen und von der Polizei
wegtragen zu lassen. Aber auch der rabiateste Widerstandsgeist muss
Grenzen haben. Die politischen Kosten für die lebensverlängernde
Maßnahme für die 17 gefährlichsten deutschen Müll-Produzenten, die
Atomkraftwerke, sind eh hoch genug. Kommt es im November zu
Eskalationen wie bei Stuttgart 21, wird nicht nur Kanzlerin Merkel
einen hohen Preis bezahlen.
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