Weil sich die Schuldenkrise in der Eurozone
verschärft, plädiert Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für
strengere politische Regeln für die Finanzmärkte. Im Interview mit
den Zeitungen der Essener WAZ-Mediengruppe (Samstagsausgabe) sagte
Schäuble: „Wir überlegen, welche zusätzlichen Instrumente man
braucht, um den Spielraum für spekulative Manöver der Märkte zu
verengen“.
Diese Ansage richtet sich auch an die Adresse der Ratingagenturen,
die die Werthaltigkeit von Staatsanleihen beurteilen. Im aktuellen
Falle Portugals kritisiert Schäuble die Agentur Moody´s. Diese hatte
portugiesche Anleihen in der vergangenen Woche herabgestuft und die
Schuldenkrise damit abermals beschleunigt. „Die Herabstufung ist
unverständlich“, sagte der Minister. „Wir müssen überlegen, ob die
Regeln, die wir haben, ausreichen.“
Um das Schuldenproblem in Griechenland zu entschärfen, kündigte
Schäuble „zügige Lösungen“ an. Eine davon kann sich der griechische
Ministerpräsident Giorgos Papandreou besonders gut vorstellen: Mit
Geld der Eurozone würde Griechenland eigene Staatsanleihen billig am
Markt zurückkaufen, wodurch die Staatsverschuldung des
Mittelmeerlandes abnähme. Eine solche Lösung hatte die
Bundesregierung bisher abgelehnt, um den Spardruck auf Athen
aufrechtzuerhalten. Unter dem Eindruck der Krise scheint sich die
deutsche Haltung aber zu ändern. „Wir müssen sicherstellen, dass
Griechenland seine Schulden tragen und finanzieren kann. Daran hegen
die Märkte zur Zeit Zweifel“, sagte Schäuble den WAZ-Titeln.
Gemeinsame europäische Staatsanleihen lehnte Schäuble ab. Diese
fordert unter anderem der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, damit die
Investoren an den Finanzmärkten nicht mehr die Zinsen einzelner
Staaten wie Griechenlands oder Italiens in die Höhe treiben können.
„Das wäre ein Fehler“, sagt Schäuble dagegen. „Die Staaten brauchen
einen Anreiz, der solides Wirtschaften erzwingt. Dieser besteht heute
in den hohen Zinsen, die man zahlt, wenn man sich zu stark
verschuldet.“
Schäuble äußerte sich optimistisch, dass Europa „über die
kritische Situation hinwegkommen“ werde. „Wir Deutschen sollten
nicht unterschätzen, wie sehr wir von Europa und unserer
Gemeinschaftswährung profitieren.“ Mit der Unterstützung für
hilfsbedürftige Staaten „zahlen wir nicht für andere, sondern wir
investieren in unsere eigene Zukunft.“
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