WAZ: Wie sieht ein Neonazi aus? Kommentar von Britta Heidemann

Der Rechtsradikale, der uns in üblen Träumen durch
den Kopf geistert, trägt Glatze, Springerstiefel und Bomberjacke. Die
Rechtsradikale, die vielleicht neben uns im Elternbeirat der Schule
sitzt, trägt Perlenkette und Kostüm. Die „nette“ Neonazistin von
nebenan: Sie ist gerade deshalb so gefährlich, weil wir die Gefahr
gar nicht erkennen.

Ist das Panikmache? Experten behaupten: Nein. Sie warnen vor einem
Rechtsradikalismus, der die moderne Gesellschaft ganz gezielt
unterwandern will, subtil, schleichend. 20 Prozent der NPD-Mitglieder
sind weiblich. Das klingt wenig und sagt doch viel über den
tiefgreifenden Wandel einer Partei, die einst als Hort frustrierter
junger Männer galt.

Zehn Prozent aller rechten Gewalttaten werden heute weiblichen
Tätern zugeordnet. Kenner der Szene glauben, die Zahl wäre größer,
hinge nicht auch die Polizei stereotypen Bildern nach – und sähe in
der Frau am Tatort eher Zeugin als Täterin.

Was können wir tun? Alte Bilder im Kopf löschen. Die Verfassung
wenigstens im Kleinen schützen: hinschauen, nachfragen. Auf
Mode-Codes ist kein Verlass mehr. Das Wesentliche ist nun wirklich
für das Auge unsichtbar: eine Gesinnung, die die Demokratie
untergraben will. Natürlich sind rechtsradikale Lehrerinnen, die ihre
Schüler für die Szene anwerben, absolute Ausnahmefälle. So selten
wie, sagen wir: rechtsradikale Terrorzellen.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de