Westdeutsche Zeitung: Das Kreuz mit dem Kreuz
Ein Kommentar von Peter Kurz

Es klingt liberal, wenn das Straßburger Gericht
sagt, dass es sich nicht in staatliche Regeln der Religionsfreiheit
einmischt. Liberal? Das kann man ganz anders sehen. Denn das
Grundrecht hat auch sein schützenswertes Gegenstück – nämlich die
negative Religionsfreiheit: die Freiheit, nicht einem bestimmten
Glauben anzuhängen. Das Recht, in Ruhe gelassen zu werden.

Dieser Schutz gilt da, wo der Betroffene nicht ausweichen kann.
Sei es gegenüber der Kopftuch tragenden Lehrerin oder mit Blick auf
das Kruzifix an der Wand des Klassenzimmers oder im Gericht. Diese
negative Religionsfreiheit hatte das Bundesverfassungsgericht 1995
betont. Für Deutschland gilt dessen Urteil weiter. Allerdings haben
die Gegner der damaligen Entscheidung nun neue Munition für weitere
Konflikte in dieser Frage bekommen.

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