„Nichts ist gut in Afghanistan“, hatte die
damalige Bischöfin Margot Käßmann in ihrer Neujahrspredigt 2010
gesagt – und damit einen Sturm der Kritik ausgelöst. Mehr als vier
Jahre später entspricht ihre Aussage mehr denn je der Wahrheit. Nach
13 Jahren Militär- und Aufbaueinsatz fällt die Bilanz ernüchternd
aus: Die zunächst angestrebten demokratischen Strukturen haben sich
schnell als Illusion des Westens herausgestellt. Menschenrechte
werden kaum durchgesetzt, worunter vor allem Frauen leiden. Die
Sicherheit, die vom Westen ausgebildete Polizisten und Soldaten
herstellen sollen, ist äußerst brüchig.
Faktisch wird die Lage täglich schwieriger. Selbst in Regionen,
die einst als friedlich und prosperierend galten wie die Region rund
um das deutsche Feldlager Feyzabad, sind seit dem Abzug der
Bundeswehr 2011 Kämpfe zwischen Taliban, Drogenbanden und örtlichen
Kriegsherrn entbrannt. Die zunächst gefeierte Übergabe vieler
Regionen in afghanische Eigenverantwortung war ein Trugschluss. Denn,
dass seit 2012 nur ein deutscher Soldat ums Leben kam, spricht nicht
für Stabilität – der Bürgerkrieg wird längst unter Umgehung der
Ausländer geführt. Es sterben weniger Isaf-Soldaten, aber viel mehr
Afghanen.
Die Lage wird sich nicht mehr verbessern. Seit Monaten blockiert
Präsident Hamid Karsai ein Abkommen über eine Nachfolgemission des
Westens, die nach dem offiziellen Abzug am Jahresende greifen soll.
Egal, wer ihm im Amt nachfolgt: Eine Kehrtwende ist unwahrscheinlich.
Im Klartext heißt das, dass die westlichen Soldaten am Hindukusch
nicht mehr erwünscht sind und damit auch die Basis für jede weitere
Zusammenarbeit entfällt.
Gemessen an den Zielen, die sich der Westen in Afghanistan gesetzt
hat, ist die Mission gescheitert. Kaum eines der Projekte hatte
nachhaltig Erfolg. Nun wird er aus dem Land hinauskomplimentiert, der
Dank fällt formell aus. Doch tut man sich im Westen mehr als schwer,
die Lage realistisch zu bewerten und das Scheitern einzuräumen. Denn
dann müsste man rechtfertigen, warum seit 2001 Tausende Soldaten,
darunter 56 Deutsche, am Hindukusch starben und der Einsatz
Milliarden Euro verschlang.
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