Sie ließ es stark menscheln, beschwor
Gemeinsamkeiten zwischen allen Parteien, warb um Zustimmung für ihre
„neue“ Politik und bemühte auffallend häufig Bezüge zu Johannes Rau.
Doch auch wenn es am Schluss minutenlangen, demonstrativen Beifall
von SPD und Grünen gab: Die Opposition konnte Hannelore Kraft mit der
ersten Regierungserklärung ihrer rot-grünen Minderheitsregierung
nicht überzeugen. Denn wichtige Themen wie die umstrittene rot-grüne
Schulpolitik oder die dringend notwendige Konsolidierung des
Landeshaushalts kamen in der Erklärung gar nicht vor. In ihrer
ursprünglich auf 45 Minuten begrenzten, dann um 52 Minuten
überzogenen Redezeit startete Kraft stattdessen einen Parforceritt
durch die politischen Themenbereiche von A wie Alter bis Z wie
Zukunftstechnologien – eingeschlossen eine „große Mobilitätskonferenz
für ein breites Bündnis für Mobilität“, ein künftiger „Aktionsplan
Homophobie“ gegen die Diskriminierung von Lesben, Schwulen,
Bisexuellen und Transsexuelle ebenso wie ein noch zu schaffender
„Rechtsanspruch für Frauen auf einen Platz in einem Frauenhaus“. Und
für fast alle Bereiche stellte die rot-grüne Regierungschefin
finanzielle Zuwendungen in Aussicht – wie aus einem unerschöpflichen
Füllhorn. Mal eben 150 Millionen Euro hier, dann 170 Millionen dort
und nochmal 100 Millionen woanders – frei nach dem Motto: Wir haben“s
ja. Irgendwie kommt einem da der Kölner Schlagersänger Jupp Schmitz
(1901-1991) in den Sinn. Der sang 1949 den unvergessenen
Karnevalsschlager „Wer soll das bezahlen. . .?“ Mit entsprechendem
Hohngelächter quittierte die Opposition denn auch Krafts Satz „Diese
Landesregierung verpflichtet sich ausdrücklich den finanzpolitischen
Zielen der Haushaltskonsolidierung und des Schuldenabbaus.“ Denn
tatsächlich startet die Regierung Kraft trotz des wieder beginnenden
Wirtschaftsaufschwungs mit einer Erhöhung der Neuverschuldung um 35
Prozent auf bisher nie dagewesene 8,9 Milliarden Euro. Und dies
erinnert tatsächlich an Johannes Rau. Denn der hatte einmal bei einer
Etat-Debatte das Bonmot geprägt: „Nicht wir haben über unsere
Verhältnisse gelebt, sondern die Verhältnisse haben sich geändert.“
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