Die Forderung der Türkei, endlich in die
Europäische Union aufgenommen zu werden, ist verständlich. Allen
Kritikern zum Trotz ist die EU ein Erfolgsmodell. Staaten, die
Mitglieder geworden sind, geht es heute besser als zuvor. Sie sind
gleichberechtigter Teil eines weitgehend stabilen, erfolgreichen
Wirtschaftsraumes. Und der Fall Griechenland zeigt, dass die
Gemeinschaft in Zeiten der Not auch ein Rettungsanker sein kann. Wer
mag es der Türkei da noch verdenken, in den Club eintreten zu wollen.
Und vieles spricht auch dafür, den Türken die Tür zu öffnen. Das Land
hat sich demokratisiert. Es ist vor allem in seinem europäischen Teil
modern und offen. Die Wirtschaft wächst. Außerdem verweist
Ministerpräsident Erdogan zu Recht auf die Bedeutung, die sein Land
für die westliche Welt hat. Die Türkei bildet als Mitglied der Nato
einen Puffer zwischen dem instabilen Nahen Osten und Europa. Bisher
hat die Türkei ihren Auftrag klaglos erfüllt. Langsam aber geht den
Mächtigen in Ankara die Geduld aus. Dass die Regierung Erdogan
unverhohlen mit dem Iran anbändelt und gleichzeitig seinen Ton
gegenüber Israel verschärft, soll den Europäern eine Warnung sein.
Die aber tun sich weiter schwer mit den Türken. Und auch dafür gibt
es gute Gründe. Die EU ist groß geworden in den vergangenen Jahren.
Manchen ist sie zu groß, weil die Nationen kaum noch unter einen Hut
zu bringen sind. Die Interessenlagen und die Mentalitäten sind
bisweilen zu unterschiedlich. Vor allem Deutschland tritt aus einem
weiteren Grund auf die Beitrittsbremse, stellt Erdogan stattdessen
eine privilegierte Partnerschaft in Aussicht. Und ohne den Segen
Berlins wird es keine Türkei in der Europäischen Union geben. Im
Moment deutet nichts darauf hin, dass Deutschland seine Meinung
ändern kann. Im Gegenteil. Die schwierige Integration vieler
türkischer Einwohner ist ein Hemmschuh. Bis die überfällige
Diskussion darüber abgeschlossen ist und Regeln gefunden wurden, die
ein gedeihliches Zusammenleben in Deutschland ermöglichen, bleibt die
Türkei ein Beitrittskandidat oder allenfalls ein privilegierter
Partner. Mehr ist vorläufig nicht möglich.
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