Westdeutsche Zeitung: Für Griechenlands Rettung muss die Wahrheit auf den Tisch = von Lothar Leuschen

Mit jedem Tag wird klarer, dass die Rettung
Griechenlands ein teurer Spaß wird für Deutschlands Steuerzahler. Und
mit jedem Treffen der Troika aus EU-Kommission, Internationalem
Währungsfonds und Europäischer Zentralbank wird deutlicher, wie
uneins die Geldgeber sind. Dass sich an der Frage Zwist entzündet, ob
Athen nun zwei Jahre früher oder später einen Schuldenstand von 120
Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreicht, stärkt das Vertrauen der
Bürger in die handelnden Personen nicht gerade. Die Deutschen,
Franzosen, Österreicher, Niederländer oder Briten interessiert in
erster Linie, wie viel von ihren Steuern darauf verwandt wird, den
Griechen auf die Beine zu helfen. Und an dieser Stelle ist es höchste
Zeit, den Gläubigern reinen Wein einzuschenken. Allein der Aufschub
des Sparzieles bis 2016 kostet etwa 33 Milliarden Euro. Nach gängiger
EU-Arithmetik entfallen davon 25 Prozent, also gut acht Milliarden
Euro, auf Deutschland. Dessen Finanzminister Wolfgang Schäuble bemüht
sofort die altbekannten Politphrasen, um weiter zu verschleiern, dass
es die Rettung Griechenlands nicht kostenlos geben kann. Deutschland
muss bezahlen, Deutschland wird bezahlen, die Frage ist nur, wie viel
Deutschland bezahlt. Denn auch wenn sich im Wahlvolk längst eine
Stimmung breitgemacht hat, nach der ein Ende mit Schrecken besser ist
als ein Schrecken ohne Ende, bleibt es dabei, dass sich die EU die
Pleite eines ihrer Mitgliedsstaaten nicht leisten kann. Das gilt auch
für Griechenland, obwohl es sich unlauter in die Union gemogelt hat.
Es gilt erst recht für Portugal, Spanien und Italien. Noch hat kein
Gegner der Rettung von Schuldenstaaten schlüssig nachgewiesen, dass
die EU die Pleite eines Mitglieds schadlos übersteht. Auf der anderen
Seite spricht zu vieles dafür, dass eine Exportnation wie Deutschland
auf zahlungskräftige Kunden auch in Europa angewiesen ist. China,
Indien und Brasilien allein reichen nicht, um den Wohlstand der
Deutschen zu wahren. Also heißt es weiter investieren in das
scheinbar bodenlose Fass Griechenland. Hilfreich wäre dabei
allerdings, dass die sogenannten Retter mit einer Stimme sprächen und
ein erkennbares Konzept verfolgten, das absehbar zum Ende der
Staatsschuldenkrise in Europa führt.

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
www.wz-newsline.de