Westdeutsche Zeitung: Griechenland = von Annette Ludwig

Seit zwei Jahren mühen sich die Euro-Länder,
Griechenland vor der Pleite zu bewahren. Milliarden sind bereits
geflossen, weitere Milliarden sollen nun fließen – doch gerettet sind
die Griechen damit noch lange nicht. Statt Euphorie macht sich in der
Euro-Zone Ernüchterung breit. Und die Ergebnisse der langen Nacht von
Brüssel bieten wahrlich keinen Anlass zum Jubeln. Nur der griechische
Ministerpräsident spricht von einer „historischen Entscheidung“.

Bei vielen Politikern drängt sich mehr und mehr der Verdacht auf,
dass Griechenland innerhalb der Eurozone im Grunde gar nicht mehr zu
retten ist – auch die 130 Milliarden Euro Hilfsmittel plus der
angepeilte Schuldenschnitt über weitere 100 Milliarden Euro werden
allenfalls dafür sorgen, den Staatsbankrott aufzuschieben. Mit
frischem Geld und strengen Sparplänen allein ist es eben nicht getan.
Doch die Politiker drücken sich mit immer weiteren Steuermilliarden
um diese unangenehme Erkenntnis herum.

Da können die Euro-Staaten noch so viele Sparvorgaben machen, da
kann das griechische Parlament noch so viele Reformbeschlüsse fassen
– wenn das Land keine funktionierende Verwaltung hat, die die
Reformen auch umsetzt, wird eine Rettung nicht gelingen. Zudem wirken
neue Kredite nicht gegen Korruption und Klientelpolitik.

Bedenklich stimmt auch, dass die griechische Regierung längst das
Vertrauen ihrer Bürger verspielt hat. Die harten Einschnitte treffen
vor allem die normalen Bürger und Rentner, von denen schon jetzt
viele am Rande des Existenzminimums leben. Dafür leistet sich
Griechenland aber beispielsweise eine vollkommen überdimensionierte
Armee, die Milliarden verschlingt – und vom Spardiktat bisher
weitgehend verschont geblieben ist.

Und eine weitere, entscheidende Frage wird durch die
milliardenschweren Hilfen nicht beantwortet: Wie soll Griechenland
wettbewerbsfähig werden und damit wirtschaftlich auf die Beine
kommen? Hier ist das Land noch keinen Schritt weiter als vor Ausbruch
der Krise. Von den Unternehmern im Lande hört man nichts, ebenso
wenig von der ökonomischen Elite: Ohne einen Ruck, ohne
Eigeninitiative und ohne Kreativität von dieser Seite aber kommt
Griechenland gar nicht mehr auf die Beine.

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