Sollten Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe
und seine Amtskollegen in den Ländern Wort halten und noch in dieser
Wahlperiode eine überfällige Krankenhaus-Reform auf den Weg bringen,
stünden Deutschlands Kliniken zweifellos vor einem fundamentalen
Umbruch. Qualitativ und am Ende wohl auch quantitativ. In letzter
Zeit ist immer wieder die Rede von überflüssigen Klinikbetten
gewesen. Gröhe selbst hat sich an die Spitze dieser Bewegung
gestellt. Wer die Klinikstrukturen nachhaltig verändern will, muss
freilich dicke Bretter bohren. Die Androhung eines Bettenschwunds,
womöglich noch mit konkreten Zielvorgaben, hilft da nicht weiter. Was
also ist wirklich zu tun? Unter Experten herrscht kein Zweifel, dass
in Deutschland noch zu viele Krankenhäuser alles machen, während die
klinische Spezialisierung zu wenig ausgeprägt ist. Die Leidtragenden
dieses Zustands sind die Patienten. Erst kürzlich kam eine AOK-Studie
zu dem Schluss, dass das Risiko unerwünschter Folgeoperationen in
Kliniken mit weniger als 50 Hüftgelenk-implantationen pro Jahr um
über ein Drittel höher liegt als in Krankenhäusern, die jährlich
mindestens 1000 solcher Eingriffe vornehmen. Hier ist Umdenken
gefragt. Das gilt auch für die Finanzierung. Gegenwärtig zahlen die
Kassen die Behandlungskosten, derweil die Länder für die
Investitionen zuständig sind. Aber die Länder kommen dieser Pflicht
immer unzureichender nach. Folge: Viele Kliniken nutzen die zur
Behandlung gedachten Mittel für dringend notwendige Reparaturen oder
die Beschaffung neuer Technik. Gleichzeitig kommt es zu unnötigen
Operationen, um sich wirtschaftlich über Wasser zu halten. Mit diesen
falschen Anreizen muss endlich Schluss sein. Sinnvoll wäre es, wenn
der Bund bei den Investitionen mit ins Boot käme – und im Gegenzug
ein gewichtiges Wort bei der Qualitätssicherung mitreden könnte.
Durch deutlich mehr Transparenz bei der Versorgungsqualität würde
übrigens auch die Diskussion über vermeintlich oder tatsächlich
überschüssige Betten ihren allgemeinen Schrecken verlieren. Denn wer
es an guter Qualität fehlen lässt, muss automatisch um den Erhalt
seiner Einrichtung fürchten.
Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@wz.de
www.wz.de