Das Missliche am Libyen-Einsatz unter Führung
der Nato ist, dass sich Deutschland ihm nicht mehr wird entziehen
können. Wenn die EU-Granden eine militärische Hilfsaktion
beschließen, sitzen auch Bundeswehrsoldaten im Boot oder im Flieger
nach Nordafrika. Denn während Deutschland im UN-Sicherheitsrat mit
seiner Enthaltung, wenn auch diplomatisch nicht sehr geschickt, noch
auf Distanz zum Militäreinsatz gehen konnte, ist das auf europäischer
Ebene kaum zu vermitteln. Schließlich geht es um humanitäre Hilfe.
Und Deutschland gilt weltweit als verlässlicher Partner, wenn die Not
am größten ist. Dieser Fall scheint in Libyen für die
Zivilbevölkerung nun eingetreten zu sein. Dennoch dürfen der Hilferuf
und dessen Folgen nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die
Bundeswehr aller Voraussicht nach auf ein gefährliches, womöglich
blutiges Engagement einlässt. In Libyen herrscht Krieg. Und immer
dort, wo Soldaten eingreifen, laufen sie Gefahr, trotz Neutralität
Opfer zu werden. Auch wenn sie nur Brunnen bohren, Schulen oder
Krankenhäuser bauen. Aus diesem Grund gehört zu einer Mission
deutscher Soldaten in Libyen auch eine Strategie, die Ziel und Dauer
des Einsatzes eindeutig beschreibt. Die Beispiele Frankreichs, der
USA und nun der Nato zeigen, wie schwierig Militäroperationen werden
können, wenn die Planungszeit zu kurz ist und die Ziele nicht genau
definiert worden sind. Wenn es nicht um einen Krieg ginge, der
täglich Leid, Elend und Tod bringt, könnten Guido Westerwelle und
Angela Merkel sich nun gegenseitig auf die Schulter klopfen. Denn die
Zurückhaltung des Außenministers und der Bundeskanzlerin im
UN-Sicherheitsrat stellt sich in diesen Tagen als die richtige
Einschätzung der Lage heraus. Der Westen hat sich in Libyen auf ein
gefährliches Abenteuer mit ungewissem Ausgang eingelassen. Er schlug
sich binnen kürzester Zeit auf die Seite der Gegner Gaddafis, den
etwa Frankreich zuvor noch nach allen Regeln der diplomatischen Kunst
hofiert hatte. Diese Kehrtwende wollte Westerwelle offenbar nicht
ohne weiteres vollziehen. Das hat ihm Hohn, Spott, herbe Kritik
eingetragen und letztlich zum Sturz als Bundesvorsitzender der FDP
beigetragen. In diesem Fall zu unrecht, wie die Entwicklung nun
zeigt.
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