Bürgerinitiativen als Korrektiv für die Politik
in den Parlamenten sind wichtig. Wo Politik für Bürger und im Auftrag
dieser gemacht wird, muss auch außerhalb der routinemäßigen Wahlen
Platz für Volkes Stimme sein. Nämlich dort, wo die Parteiendemokratie
den Kontakt zur Mehrheit der Bevölkerung verliert und die Beschlüsse
nicht mehr in erster Linie den Menschen, sondern beispielsweise
wirtschaftlichen Interessen dienen. Allein die Drohkulisse, dass die
Wähler die Möglichkeit haben, ihre Ablehnung nicht nur formell
kundzutun, kann schon ausreichen, um die Politik zu disziplinieren.
Mehr als ein Korrektiv können und sollten Bürgerbegehren aber
nicht sein. Die Parlamente sind dazu gewählt, das politische
Alltagsgeschäft zu führen, die repräsentative Demokratie hat sich
bislang als beste Staatsform erwiesen. Politik lässt sich nicht
außerhalb des Parlaments, und damit an Wahlergebnissen vorbei, über
Volksbegehren betreiben. Und das ist auch richtig so, denn der
aktuelle Kampf um den Nichtraucherschutz in NRW zeigt, wie schnell
die Emotionen hochkochen und die Debatte unsachlich wird.
Zudem wird Volkes Stimme schnell heiser, wenn sie in Form von
Begehren wahllos und inflationär erhoben wird. Manche US-Staaten
haben damit bereits leidvolle Erfahrung gemacht: Wo über alles
abgestimmt wird, ist letztlich niemand mehr interessiert. Die
Abstimmung erzielt so mangels Beteiligung keine Legitimität und auch
nicht automatisch mehr Interesse an Politik.
Zugleich hat Bürgerbeteiligung in der Frühphase von Projekten
immer ein großes Problem: Den später Betroffenen fehlt es häufig an
der Vorstellungskraft, was dort auf sie zukommt. Bestes Beispiel ist
das Projekt Stuttgart 21, das alle formellen Schritte durchlief, aber
erst für Empörung sorgte, als die Bagger vor dem alten Hauptbahnhof
anrollten.
NRW ist auf dem richtigen Weg, wenn es die Hürden zur
Bürgerbeteiligung zwar absenkt, aber nicht pauschal abschafft.
Entscheidend ist, dass eine gesunde Balance zwischen
Bürgerbeteiligung und Parlamentsarbeit gewahrt ist. Denn letztlich
ist klar: Das stärkste Mittel, um die Politik zu beeinflussen, ist
die Stimme bei Bundes-, Landtags- und Kommunalwahlen.
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