Westdeutsche Zeitung: Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen = von Horst Kuhnes

Drei Wochen hat es gedauert, und am Ende war
noch ein 16-stündiger Verhandlungsmarathon zu absolvieren: Ganz so
reibungslos und einträchtig, wie es SPD und Grüne offiziell
verkünden, waren die Koalitionsverhandlungen nicht. Auf beide
Parteien wartet in den kommenden fünf Jahren sicherlich ein
schwieriger Spagat. Das zeigte sich besonders beim Thema Energie.
Dort haben sich die Grünen bis zum Schluss mit Zähnen und Klauen
erfolgreich dagegen gewehrt, die Zuständigkeit für die regenerativen
Energien aus dem grünen Umweltministerium in das neue, SPD-geführte
Wirtschafts- und Energieministerium abzugeben. Stattdessen muss
Umweltminister Remmel lediglich auf den Bereich Bergbau-Technologie
verzichten – der in seinem Ministerium sowieso ein Fremdkörper war.
Damit aber ist das neue Wirtschafts- und Energie-Ministerium bereits
vor seiner Einrichtung um einen ganz entscheidenden Bereich gekappt.
Dass Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nun betont, die Energiewende
sei Chefinnen-Sache und werde über alle Ressortgrenzen hinweg aus
ihrer Staatskanzlei koordiniert, dürfte deshalb eher in der Rubrik
„politische Schönfärberei“ angesiedelt sein: Die Grünen entscheiden
in Sachen Zukunftsenergien weiterhin praktisch alles, die SPD hat
zwar einen Minister mehr als vorher, darf dafür aber nur den Rest
verwalten. Zum schwierigen Spagat dürfte für SPD und Grüne auch das
angekündigte Sparziel von einer Milliarde Euro bis zum Jahr 2017
werden. Das klingt zunächst einmal gut, relativiert sich aber sehr
schnell, wenn man bedenkt, dass die Landesetats in jedem Jahr um etwa
diesen Betrag wachsen. Wie Kraft und Löhrmann da dann noch
„vorbeugend investieren“ wollen in Bildung, Soziales und Kommunen,
bleibt im Vertragswerk unklar. Bei den Hilfen für die Kommunen
zeichnet sich jedenfalls eine rot-grüne Lösung ab, die bereits ein
geteiltes Echo ausgelöst hat: Der Kommunal-Soli. 195 Millionen Euro
sollen laut Koalitionsvertrag von den finanzstärkeren Kommunen „im
Wege einer Solidaritätsumlage“ aufgebracht werden. Mit anderen
Worten: Bislang gut wirtschaftende Kommunen müssen die klammen
Sorgenkinder unterstützen – mit der großen Gefahr, dass sie dann
dadurch selbst notleidend werden.

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