Westdeutsche Zeitung: Sachsen-Anhalt wählt die Kontinuität
Ein Kommentar von Wolfgang Radau

Die beste Nachricht vom Wahltag in
Sachsen-Anhalt lautet: Im Osten geht es wieder leicht aufwärts mit
dem Vertrauen der Menschen in die politische Gestaltungskraft. Die
Wahlbeteiligung stieg gegenüber 2006 um sechs auf knapp über 50
Prozent – was wahrlich kein Anlass für Jubelstürme ist, aber am Ende
wohl dazu beiträgt, dass die rechtsextreme NPD, die mit
nationalistischen Parolen im Trüben fischen wollte, draußen vor der
Tür bleibt.

Die Bürger in Sachsen-Anhalt haben die Kontinuität gewählt – sie
trauen der alten Koalition der Volksparteien zu, dass sie auch in den
kommenden fünf Jahren unspektakulär, aber solide das kleine Land nach
vorn bringt. Das ist ein klarer Vertrauensbeweis für den scheidenden
Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer und seinen sozialdemokratischen
Finanzminister Jens Bullerjahn, das ist ein Vertrauensvorschuss für
den designierten neuen Regierungschef Reiner Haseloff.

Neue Arbeitsplätze und gerechte Löhne – für mehr als die Hälfte
der Wähler war dies der wichtigste Auftrag an die künftige
Landesregierung. Und so haben sie bewusst auf die Fortführung der
Großen Koalition gesetzt. Die Linkspartei bleibt zwar die
zweitstärkste Kraft, aber sie besteht darauf, in einer für sie
denkbaren Partnerschaft mit den Sozialdemokraten den
Ministerpräsidenten zu stellen. Das hat die SPD kategorisch
ausgeschlossen. Sie wird sicherlich harte Verhandlungen mit der Union
führen, aber nicht ernsthaft mit den Alt-Kommunisten verhandeln.

Die Liberalen spielen im Heimatland ihres Ziehvaters Hans-Dietrich
Genscher keine Rolle mehr – ihr Stimmenanteil hat sich halbiert. Das
schmerzt, nachdem in Hamburg der bundespolitische Trend gestoppt
schien. Der FDP ist es in Sachsen-Anhalt nicht gelungen, deutlich zu
machen, wofür sie steht – weder landes- noch bundespolitisch.

Rein rechnerisch sind die Grünen die Gewinner des Wahlabends – sie
haben ihr Ergebnis von 2006 nahezu verdoppelt und sind wieder drin im
Magdeburger Parlament. Das hängt zu einem beträchtlichen Teil mit der
Entwicklung der vergangenen Tage zusammen – die Grünen fühlen sich zu
Recht in ihrer Energiepolitik bestätigt. Das wird ihnen noch einmal
Auftrieb für den Wahlkampf-Endspurt in Baden-Württemberg geben.

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