Angriff ist die beste Verteidigung, heißt es
landläufig. Dass dies nicht immer so ist, zeigt der Fall um
Bildungsministerin Annette Schavan, deren Doktorarbeit massiv in der
Kritik steht. Auf Angriff setzen alle beteiligten Parteien – an der
Zahl sind es drei – und alle liegen mit dieser Strategie daneben.
Allen voran die Ministerin, deren Ansehen allein durch den Vorwurf
der Täuschung so schwer und nachhaltig beschädigt ist, dass eine
Zukunft im Kabinett undenkbar scheint. Ob ihr nun der Doktortitel
aberkannt wird oder nicht, spielt dabei keine Rolle mehr. Als oberste
politische Vertreterin der Wissenschaft im Land hat Schavan ihre
Glaubwürdigkeit verloren – ihre lautstarke Empörung über die
Weitergabe des Gutachtens („Ich lasse mir das nicht bieten“) taugt
bestenfalls als Nebelgranate à la Guttenberg. Zudem stellt sie mit
der Forderung, frühzeitig von der Universität angehört zu werden, die
Unabhängigkeit der Hochschule infrage.
Die Heinrich-Heine-Universität sieht ebenfalls nicht gut aus. Sie
konnte nicht verhindern, dass die Einschätzung des Gutachters
vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangt ist, und versucht jetzt mit
einer Anzeige gegen Unbekannt, den Schaden zu begrenzen. Das dürfte
freilich kaum gelingen, denn schon haben sich prominente
Schavan-Unterstützer gefunden, die der Hochschule und ihrem Gutachter
Rohrbacher schwere Fehler unterstellen.
Ganz gleich wie das Urteil des Promotionsausschusses ausfallen
wird, der Schaden ist da, weil Zweifel bleiben werden. Entweder an
Rohrbacher oder an Schavans Doktorvater Gerhard Wehle, der die Arbeit
vor 32 Jahren zugelassen hat und seiner ehemaligen Doktorandin auch
angesichts der aktuellen Vorwürfe eine „beachtliche Leistung“
bescheinigt.
Verlierer Nummer drei: Auch der Wissenschaftsbetrieb wird durch
die Täuschungsvorwürfe beschädigt. Statt klarzumachen, dass Betrug
oder eine allzu laxe Zitierweise in universitären Arbeiten überhaupt
nichts zu suchen haben, melden sich angesehene Hochschullehrer per
Gastbeitrag zu Wort, um Plagiate von schlichter Abschreiberei zu
unterscheiden. Das ist bestenfalls Wortklauberei und eine Ohrfeige
für diejenigen Dozenten, die ihre Studierenden tagtäglich zu präziser
Arbeit anhalten.
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