Bettina Wulff hat ihre Talkshow-Auftritte
abgesagt. Und es ist nicht zynisch, wenn man feststellt, dass das die
erste gute Nachricht seit Tagen ist, die wir von der Ehefrau des
ehemaligen Präsidenten vernehmen. Der Schaden, den sie mit ihrer
Kampagne, die viele lediglich als plumpen Versuch zur Vermarktung
ihres Buches werten, dem höchsten Amt im Staat zugefügt hat, ist
beträchtlich. Wie schlimm die Wirkung ist, lässt sich wohl final erst
in ein paar Wochen beurteilen. Doch ist zu befürchten, dass die
Bilanz der Peinlichkeiten schlimmer als damals ausfällt, als
Christian Wulff scheibchenweise Verfehlungen einräumte. Und
schließlich sein Amt als Bundespräsident aufgab.
Muss die Öffentlichkeit wissen, wie stolz Bettina Wulff auf ihr
Tatoo ist, dass sie sich über eine miese Abzugshaube in der Küche von
Schloss Bellevue ärgerte und sich als 16-Jährige in einen
Rettungsschwimmer verknallte? Aussagen zum „Beuteschema“ bei Männern
und Einzelheiten zum Eheleben gehören auch bei Normalbürgern in die
Privatsphäre. Wer das in einem Buch ausplaudert und in Interviews
vertieft, ist mit Forderungen nach Persönlichkeitsschutz kaum ernst
zu nehmen.
Für Bettina Wulffs Verhalten sprechen nur zwei Punkte:
Gerüchteweise derart intensiv eine Vergangenheit im Rotlicht-Milieu
unterstellt zu bekommen, macht sicherlich jeden dünnhäutig. Heftige
Reaktionen sind nachvollziehbar. Außerdem sorgte der Vorgang dafür,
dass in der Öffentlichkeit die Sensibilität für die automatische
Vervollständigung bei Online-Suchmaschinen wuchs. Die Betreiber
wollen den Nutzern damit Komfort bieten, stellen aber schnell
ungerechtfertigt Menschen an den digitalen Pranger. Wenn die Affäre
hier ein Umdenken auslöste, wäre es zu begrüßen.
Bettina Wulff, dem Ex-Präsidenten und dem Land ist zu wünschen,
dass das Thema aus den Schlagzeilen verschwindet. Viele Medien – auch
unsere Zeitung – haben sich in den vergangenen Wochen bewusst bei der
Dramatisierung der Vorgänge zurückgehalten. Besonders wirkungsvoll
wäre, wenn Bettina Wulff sich entschlösse, einfach nur eine
38-Jährige aus Großburgwedel sein zu wollen und öffentlich zu
schweigen. Dann müsste sie auch hoffentlich nie mehr Thema unserer
Kommentierung sein.
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