Es sind die bizarren Gegensätze, die den Fall
Wulff so spektakulär machen: Erst das höchste Staatsamt – nun die
Anklagebank. Erst die Selbstgerechtigkeit, mit der er sich bei
Bekanntwerden der Vorwürfe verteidigte – jetzt ein Mann, der eher als
Opfer erscheint: verfolgt von beißlustigen Staatsanwälten, äußerlich
um Jahre gealtert nach dem Verlust von Amt, Reputation und Ehefrau.
Einerseits ein Gutverdiener, der jährlich 199 000 Euro Ehrensold
bezieht, der aber andererseits eines unehrenhaften Verhaltens
bezichtigt wird. Einerseits ein Tatvorwurf, in dem es um die Annahme
von Zuwendungen im Wert von „nur“ 720 Euro und mögliche
Gegenleistungen geht – und auf der anderen Seite ein gigantisch
erscheinender Strafprozess, der sich über mindestens 22
Verhandlungstage hinziehen soll.
Wulff hätte sich das Spießrutenlaufen, das ihn nun Prozesstag um
Prozesstag erwartet, ersparen können, wenn er das Angebot auf
Einstellung des Verfahrens gegen 20 000 Euro akzeptiert hätte. Doch
das wäre als Schuldeingeständnis ausgelegt worden. Wulff will zeigen,
dass er eine reine Weste hat. Juristisch mag das gelingen. Doch
selbst ein Freispruch wird nicht automatisch auch zur moralischen
Rehabilitation in der Öffentlichkeit führen.
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