Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Medaillenvorgaben für die Olympischen Spiele

Die Sportfachverbände und der Deutsche
Olympische Sportbund müssen von allen guten Geistern verlassen
gewesen sein, als sie gegenüber dem Bundesministerium des Innern
erklärten: Bei diesen Sommerspielen holt das deutsche Team 86
Medaillen. Zur Erinnerung: In Peking gab es 41. Die höchste Zahl, die
ein gesamtdeutsches Team, und nur das darf man vergleichen, je
erreicht hat, waren 82: 1992 in Barcelona, zwei Jahre nach der
Wiedervereinigung, als man vom Erbe der Deutschen Doping-Republik
profitierte und auch in der Bundesrepublik nicht so genau hingeschaut
wurde, ob die Siege sauber errungen worden waren. Damals gewann
Deutschland in der Nationenwertung – Bronze. Schaut man auf die
Reaktionen, die es am Freitag nach der Veröffentlichung der
Medaillenvorgaben gab, versteht man die Sportfachverbände allerdings
etwas besser. Denn wer nicht viel verspricht und hält, der nicht viel
Geld erhält. So wird jetzt unverhohlen damit gedroht, beim Sport zu
sparen. Denn man könne es sich nicht so einfach machen, »nur zu
sagen, der Wettbewerb ist härter geworden und man muss sich damit
abfinden, dass wir von Spielen zu Spielen weniger Medaillen
gewinnen«, sagt Stephan Mayer (CSU), Mitglied des Sportausschusses.
Doch das muss Deutschland, wenn es saubere Medaillen sein sollen. Man
kann Realitäten negieren, dadurch ändern sie sich aber nicht. Der
sportliche Wettbewerb ist härter geworden. Immer mehr Nationen finden
sich im Medaillenspiegel. Und Gold, Silber und Bronze kosten eben
Geld. Das zeigt sich derzeit beispielhaft bei den Briten, die, seit
sie 2005 den Zuschlag für die Spiele bekamen, gewaltig nicht nur in
Sportstätten investierten. Und ganz legal soll die Leistungsexplosion
auch nicht sein. Dass sich die deutschen Sportfachverbände keinen
Gefallen damit getan haben, mit großen Medaillenversprechen mehr
Fördergeld zu generieren, haben sie jetzt bemerkt. Aber um den ganzen
Irrsinn zu verdeutlichen: Am späten Freitagnachmittag hatten die USA
90, China 81 Medaillen. Den chinesischen Weg zum Erfolg kann man in
einem demokratischen Land nicht wirklich gehen wollen, Erfolge made
in USA sind auch nicht unbedingt menschenfreundlich erzielt worden.
Und beide investieren ungleich mehr als Deutschland, und die
potenzielle Zahl der Talente ist allein aufgrund der größeren
Bevölkerungszahl gewaltiger. Der deutsche Sport und – als Geldgeber –
auch die deutsche Politik müssen jetzt entscheiden, was sie wollen:
Große Erfolge gibt es nicht für kleines Geld. Und will man sie sauber
erringen, braucht man auch Geduld. Aber, dessen muss man sich auch
bewusst sein, einen dritten Rang in der Nationenwertung wird es nicht
mehr geben. Es sei denn, man macht wieder die Augen zu und sagt:
Doping frei. Und da hat auch die Politik immer wieder vollmundig
erklärt: Das wollen wir nicht.

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 – 585261