Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Obama in Israel

Um ein Haar wäre der Magnolienbaum, den
US-Präsident Barack Obama im Garten des israelischen Präsidenten
Shimon Peres gepflanzt hatte, wieder ausgegraben worden. Die
Amerikaner hatten es versäumt, den Baum bei der Einfuhr offiziell auf
artfremde Organismen überprüfen zu lassen. Dank der Flexibilität des
Agrarministeriums dürfen die Tests am Gastgeschenk ausnahmsweise an
Ort und Stelle durchgeführt werden. Die Episode versinnbildlicht die
Position, in der sich der Friedensnobelpreisträger im Nahen Osten
wiederfindet. Obama mag die Saat für eine Zwei-Staaten-Lösung legen,
ohne den Willen von Israelis und Palästinensern wird sie aber nicht
keimen können. Seine erste Auslandsreise der zweiten Amtszeit sollte
den Boden dafür bereiten – vor allem bei den Israelis, deren Herzen
Obama mit einer bewegenden Rede in Jerusalem umwarb. Ein Bekenntnis
zur unzerbrechlichen Freundschaft, aber auch ein direkter Appell,
Sicherheit durch Frieden zu schaffen. Das könnte Obama helfen, den
hartleibigen Benjamin Netanjahu zu Zugeständnissen etwa bei der
Siedlungspolitik zu bewegen. Innerhalb der neuen israelischen
Koalitionsregierung gehen die Meinungen darüber soweit auseinander
wie über die Zwei-Staaten-Lösung an sich. Spiegelbildlich dazu
erinnerten die Raketen, die Extremisten aus dem Gaza-Streifen
abfeuerten, an die Zerissenheit der Palästinenser. Die Geschosse
schlugen in der Grenzstadt Sderot ein, die Obama als
Präsidentschaftskandidat 2008 besucht hatte – und das kurz bevor der
US-Präsident im Helikopter zu Gesprächen mit Palästinenser-Präsident
Mah-mud Abbas abreiste. Das war ein unmissverständliches Signal der
Hamas an Obama und Abbas, der ein Veteran des Friedensprozesses ist.
Sicherheit für die Israelis, Würde für die Palästinenser – die Formel
für einen Ausgleich ist kein Geheimnis. Nur braucht es
Verantwortliche, die ernsthaft an der Umsetzung der
Zwei-Staaten-Lösung arbeiten. Leider tritt die Dringlichkeit wegen
des Konflikts in Syrien und des Atomstreits mit Iran in den
Hintergrund. Berichte über einen Einsatz von Chemiewaffen in Syrien
machten dies überdeutlich. Der Präsident sah sich veranlasst, von
einem »Game-Changer« zu sprechen, falls sich die Vorwürfe gegen
Assads Truppen bestätigten. Klare Worte, die eine robustere
militärische Antwort nicht mehr ausschließen. Ganz ähnlich könnten
sich die Dinge im Verhältnis zu Iran entwickeln – wenngleich Obama in
seiner Rede in Jerusalem eindringlich zu Geduld mahnt. Frieden sei
einem Krieg mit seinen unvorhersehbaren Konsequenzen vorzuziehen.
Niemand weiß das besser als die Betroffenen in der Region. Bei ihnen
neues Vertrauen zu schaffen, wäre schon eine ganze Menge für einen
zweitägigen Besuch. Obama scheint mindestens in dieser Hinsicht
Fortschritte gemacht zu haben.

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