Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Absturz von MH 17

»Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer«:
Diese 2500 Jahre alte Weisheit des griechischen Tragödiendichters
Aischylos beweist sich in der Ukraine gerade erneut.

Schon die Annexion der Krim hat Russlands Präsident Wladimir Putin
mit einer alles andere als freien Abstimmung als angeblichen
Volkswillen bemänteln lassen. Nicht minder billig wirkt das
politische Schmierentheater, das der Kreml um die angeblich
unterdrückten, nach Russland orientierten Aufständischen im Osten der
Ukraine inszeniert hat. Nicht etwa einem unbändigen
Unabhängigkeitswillen haben die Milizionäre dort die Machtübernahme
an vielen Orten zu verdanken, sondern militärischer Übermacht, die
sie aus eigener Kraft niemals hätten erlangen können. Den steten
Strom von Waffen und Kämpfern über die russische Grenze hinweg hat
Putin wenn nicht gefördert, so doch geduldet. Die vom Westen
verhängten Sanktionen mögen ihn ärgern, als Mann am Gashahn aber muss
er sie nicht wirklich fürchten.

Doch nun der Absturz von MH 17. Mindestens 298 Tote, ein
apokalyptisches Trümmerfeld. Technischer Defekt? Der hätte niemals
eine solch verheerende Wirkung gehabt. Eine Bombe? Wohl kaum. Sonst
hätte sich längst eine der einschlägig bekannten Terrorgruppen mit
dem Massenmord gebrüstet.

Nein, es sieht alles nach einem fürchterlichen Irrtum aus. Eine
Rakete, abgefeuert von den Milizionären im Glauben, ein
Militärflugzeug im Visier zu haben. Diese Version halten jedenfalls
die US-Geheimdienste für wahrscheinlich.

In Nullkommanichts hat zudem die ukrainische Regierung den
angeblichen Mitschnitt eines angeblichen Telefonats zwischen
angeblichen Milizionären parat, das genau diese Version zu bestätigen
scheint. Doch die Wahrheit ist auch in der Ukraine eine bedrohte Art.
Bewiesen ist gar nichts.

Die Möglichkeit, dass ukrainische Regierungstruppen die Rakete
gezielt auf den Passagierjet abgefeuert haben, um den Westen im
Konflikt mit Russland auf ihre Seite zu ziehen, wie es der Kreml
indirekt unterstellt, mag man gar nicht zu Ende denken: Könnten
Menschen tatsächlich eine dermaßen perfide Teufelei ausführen? Die
internationale Gemeinschaft muss nun zunächst auf lückenlose
Aufklärung drängen. Dazu gehört, dass die Flugschreiber neutralen
Stellen übergeben werden.

Klar ist: Der Druck auf Putin wird massiv zunehmen. Die
Niederländer sind in der Nato gut vernetzt. Sie werden das westliche
Bündnis antreiben, die Wahrheit und die Schuldigen zu finden.

Nato-Überwachungsflugzeuge am Himmel über der Ukraine: Selbst das
scheint plötzlich nicht mehr ausgeschlossen zu sein. Die Möglichkeit
eines neuen Kalten Kriegs rückt immer näher. Es liegt jetzt an Putin,
ihn noch abzuwenden.

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
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