Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Sommerurlaub

Wenn der Gast nicht schon vom stressigen Alltag
urlaubsreif ist, dann sorgen inzwischen immer öfter die äußeren
Umstände des Reisens für Schweißperlen und Sorgenfalten, zuweilen
sogar Zornesröte auf der Stirn. Die Mär vom Urlaub, der immer
billiger wird, wie es die Veranstalter weismachen wollen, glaubt
inzwischen niemand mehr, denn am Ende der Saison sind es neutrale
Statistiker, die das Gegenteil beweisen: Pauschalreisen kosteten im
Juli 2011 im Schnitt 2,9 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Die
Miete von Ferienwohnungen erhöhte sich um 2,4 Prozent, und nichts
deutet darauf hin, dass sich dieses Jahr etwas daran ändern wird. Für
höhere Preise, und das ist das echte Ärgernis, gibt es aber
inzwischen durchaus auch mal schlechteren Service. Und daran ist der
Kunde nicht ganz unschuldig. Die »Geiz-ist-geil«-Mentalität der Gäste
und der Kostendruck in den Unternehmen haben eine Spirale in Gang
gesetzt und befeuern sich inzwischen wechselseitig. Ein Ausdruck
dessen sind die unterschiedlichen Gepäckrichtlinien und -gebühren
beim Fliegen, bei denen Transparenz nicht gewollt ist und gerade
Schnäppchenjäger immer öfter zu der Erkenntnis gelangen lässt: Je
billiger der Sitzplatz in der Werbung erscheint, desto mehr wird an
Servicegebühren und Gepäckkosten kassiert. Der Run auf die
vermeintlich billigsten Tickets hat dazu geführt, dass die Konzerne
nun auch ihre Pauschalarrangements sekundenaktuell kalkulieren und
über spezielle Tochterunternehmen, die so genannten X-Veranstalter,
vertreiben. Umbuchen, Stornieren? Fehlanzeige – oder superteuer.
Diese sind zudem Vorreiter des papierlosen Verreisens und nerven auch
die Reisebüros durch schlechte Erreichbarkeit und fehlende Kulanz.
Gleichzeitig wird das Geschäft nun mit aller Macht ins Internet
verlagert. Die bisher technisch und taktisch gebotene Zurückhaltung,
ja, Angst, den Kunden dort abzuholen, wo er sich am liebsten aufhält
– und wenn es am Computer ist – gilt nicht mehr. Die
Hochglanzkataloge bekommen Internetlinks für einstimmende Filme.
Hotels werden über denselben Weg online ausführlicher präsentiert.
Die Revolution für den Vertrieb der Zukunft setzt den Reisebüros die
Pistole gnadenlos auf die Brust: Macht mit, oder ihr macht euch bald
überflüssig. Und was macht der Reisende? Er wird im Durchschnitt
aufgrund der demografischen Entwicklung immer älter und hat
inzwischen längst die Erfahrung gemacht, dass Deutschland als
Reiseziel Weltklasse ist und in den Feriengebieten gerade die Zahl
der sogenannten Schlechtwetterangebote steigt. Und ein Regenrisiko
besteht auch auf Mallorca. Was liegt da näher, als auf den
technischen Firlefanz zu verzichten, auf den Wetterbericht zu
schauen, per Telefon ein Quartier zu buchen, sich bequem ins Auto zu
setzen, alles mitzunehmen, wonach einem der Sinn steht und – ganz
einfach Urlaub zu machen.

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Andreas Kolesch
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