Es gibt einen Kampf, der darf nicht zu Ende
sein, solange es Deutsche auf dieser Erde gibt: der Kampf gegen
Faschismus, Nationalsozialismus und jede andere Form von
menschenverachtendem -ismus. Im Zuge dieses Kampfes haben es viele
bislang für notwendig gehalten, Adolf Hitlers unlesbare Hetzschrift
»Mein Kampf« zu verbieten. 88 Jahre nach der Erstauflage ist es an
der Zeit, diesen Nebenkriegsschauplatz zu räumen. Ansteckungsgefahr
geht von Hitlers Buch jedenfalls keine aus. Schon unter den
Zeitgenossen hat es nur sehr wenige gegeben, die sich durch die
Ansammlung von ständig wiederholten Hetzsprüchen, kaum verständlichen
Phrasen und kriminellem Unsinn wirklich durchgekämpft hatten. Nur
weil »Mein Kampf« vor allem nach 1933 unter anderem bei
Eheschließungen zwangsverschenkt wurde, erreichte das Buch diese
Auflage von mehr als neun Millionen. Hätten mehr das Buch nicht nur –
schlimmstenfalls direkt neben der Bibel – in den Schrank gestellt,
sondern auch darin gelesen, hätten nach 1945 nicht so viele sagen
können: »Wir haben von nichts gewusst.« Wohl als Folge des Verbots
hat sich in Deutschland bis heute mystischer Staub auf das Buch
gelegt. Dabei ist »Mein Kampf« kein Mythos, sondern Stuss. Aus dem
Grund ist es unverständlich, warum starke Kräfte in der CSU offenbar
immer noch sogar eine wissenschaftlich kommentierte Ausgabe
verhindern wollen. Es ist Zeit, den mystischen Staub wegzublasen.
Dann können auch die Dumpfbacken unter den Neonazis, die sich das
Buch natürlich trotzdem besorgen können, nicht mehr so tun, als
hielten sie etwas Besonderes in ihren Händen. Praktisch durchsetzbar
war das Verbot ohnehin nie. In wissenschaftlichen Bibliotheken wurde
es natürlich aus dem Giftschrank geholt und kopiert oder gestohlen.
Vor allem aber wollte sich im Ausland keiner an das in der
Bundesrepublik geltende Verbot halten. So steht es denn in
italienischen Buchläden im Deutschland-Regal zwischen
Neuschwansteinführer, Goethe und Hermann Hesse. In den USA kann man
es selbstverständlich im Internet erwerben. Und selbst in einem
fernen Land wie Bangladesch finden Straßenverkäufer unter den im Stau
wartenden Autofahrern offenbar noch genug Interessenten. Deshalb
sollte die absurde Propagandaschrift nach Auslaufen der Urheberrechte
ab 2015 auch hier zu Lande frei erworben werden können. Unbefangen
lesen, da können sich die Opfer der Nazi-Herrschaft und ihre
Hinterbliebenen sicher sein, werden wir es in Deutschland nie.
Hitlers »Mein Kampf« enthält keine obskure Idee, vor der man Menschen
schützen muss, sondern eine ebenso unsinnige wie bösartige Ideologie,
gegen die jeder seinen eigenen und wir alle zusammen den gemeinsamen
Kampf führen sollten. Es gehört zum Handwerkszeug des guten Kriegers,
dass er über die ideologischen Grundlagen des Gegners Bescheid weiß.
Gebt den Kampf frei. Wir können ihn nur gewinnen.
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Andreas Kolesch
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