Westfalen-Blatt: Wohnungsnot in deutschen Hochschulstädten: Immer mehr Studenten quartieren sich vorübergehend in Jugendherbergen ein. In NRW fehlen 2000 Wohnplätze.

In Deutschland quartieren sich immer mehr
Studenten vorübergehend in Jugendherbergen ein. Der Grund: Akute
Wohnungsnot in vielen Hochschulstädten. Das berichtet das Bielefelder
Westfalen-Blatt (Dienstags-Ausgabe). Studierende blieben bis zu vier
Wochen in den Herbergen, sagte der Sprecher des Deutschen
Jugendherbergswerkes (Detmold), Knut Dinter, der Zeitung. Der
durchschnittliche Aufenthalt betrage zehn Tage. In Paderborn würden
auch Studenten aus Indien und Pakistan in der Jugendherberge eine
Bleibe suchen. Vielfach werde das Zimmer per Anruf aus dem Heimatland
gebucht. Weitere Beispiele seien Bielefeld, Detmold, Leipzig,
Tübingen, Potsdam und Kiel wo Studenten für einige Zeit in Herbergen
übernachteten. Die Studenten würden vor allem das günstige
Mehrbettzimmer in Kauf nehmen, sagte Dinter. Kontingente speziell für
Studienanfänger gebe es aber noch nicht. Es würden die üblichen
Kosten berechnet. Wie zum Beispiel in Kiel 19,50 Euro inklusive
Frühstück und Bettwäsche pro Nacht. In Kiel seien es bisweilen 20
deutsche und ausländische Studenten gewesen, die in der
Jugendherberge bis zu zehn Tage ein Quartier gebucht hätten.
Inzwischen kümmere sich in Kiel das Akademische Auslandsamt um die
ausländischen Studienanfänger, sagte Dinter dem Westfalen-Blatt.
Studenten seien als Gäste genauso willkommen wie andere, die
individuell oder mit einer Gruppe in Jugendherbergen übernachteten.
Voraussetzung sei eine Mitgliedskarte. Die Kosten pro Jahr für junge
Menschen bis 26 Jahre betragen 12,50 Euro. Das Jugendherbergswerk
wirbt im Internet offensiv um Erstsemester als Gäste: »Wer noch keine
eigene Bude hat, kann vorübergehend die Jugendherbergen nutzen.«
Dass der Trend bei Studenten zum günstigen Herbergsbett geht,
bestätigte auch Herbergsvater Carl Swoboda, der für die
Jugendherbergen Höxter, Bad Driburg im Kreis Höxter sowie Horn (Kreis
Lippe) zuständig ist. In Höxter liegt die Jugendberge in direkter
Nähe zur Fachhochschule. Und somit seien es bis zu 30 Studenten, die
hier einen Aufenthalt buchten, um zum Beispiel ein Schnupperstudium
zu absolvieren oder um Kurse vor dem regulären Semesterbeginn zu
belegen. Die meisten Belegungen gebe es zu Beginn des
Wintersemesters, da die Preise in der Nachsaison günstig seien. Und
wär länger als eine Woche bleibe, bekomme Rabatt. Swoboda sagte dem
Westfalen-Blatt: »An den Hochschulen wird bereits publik gemacht,
dass es in Jugendherbergen freie Betten für Studenten gibt.« Der
günstige Preis beinhalte aber auch, dass die Gäste das Geschirr
abräumten, Betten machten sowie Stubendienst übernehmen müssten. In
der Vor- und Nachsaison kostet der Aufenthalt in Höxter 16,50 Euro
und im Sommer 19,10 Euro. Da die Suche nach einer geeigneten
Studentenbude einige Zeit in Anspruch nimmt, nähmen Studenten selbst
eine Anfahrt von mehr als 20 Kilometern in Kauf, würden in Paderborn
studieren und in der Herberge Bad Driburg wohnen. Viele ausländische
Studenten würden auch in der Jugendherberge in Detmold übernachten,
sagte Swoboda. An der Hochschule für Musik in Detmold sei das
Publikum ohnehin international. Helga Fels von der
Arbeitsgemeinschaft der Studentenwerke NRW mit Sitz in Bielefeld,
bezeichnete es als Phänomen, dass vor allem zum Wintersemester viele
Erstsemester, wenn sie zum Beispiel eine späte Zusage für den
Studienort bekommen hätten, zunächst in einer Jugendherberge
unterkommen. Preiswerter Wohnraum sei knapp, sagte Fels der Zeitung.
Eine angespannte Situation herrsche vor allem in Köln und Düsseldorf.
2011 habe man aufgrund der hohen Anmeldezahlen in Münster und Siegen
Notquartiere für Studenten anmieten müssen. Nach den
Rekordanmeldungen im vergangenen Wintersemester (plus 22,3 Prozent),
geht Fels davon aus, dass sich in diesem Jahr zum Wintersemester
2012/13 die Zahl der Studenten mindestens nochmals um zehn Prozent
erhöht. Und wenn 2013 zwei Abiturjahrgänge an die Unis drängten,
werde die Wohnungsnot noch größer. Für Studenten stünden in
Nordrhein-Westfalen 49 116 Wohnplätze zur Verfügung. Allein 37 100
würden von den Studentenwerken angeboten, die übrigens seien mit
öffentlichen Geldern geförderte Wohnanlagen. Derzeit würden bereits
2000 zusätzliche Wohnplätze benötigt.

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Andreas Kolesch
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