Westfalenpost: Etwas mehr Bescheidenheit Von Wilfried Goebels

Das politische Koordinatensystem hat sich in den
vergangenen Jahren weiter nach Brüssel und Berlin verschoben. Obwohl
die Bedeutung des Düsseldorfer Landesparlaments schrumpft, mangelt es
den fünf Fraktionen am Reformwillen, kräftig auf die Sparbremse zu
treten. Kaum ist der millionenteure Anbau des Landtags fertig, da
müssen neue externe Büros angemietet werden, weil die Fraktionen
ständig neue Ausschüsse und Kommissionen bilden.

Über eine Verkleinerung des aufgeblähten Parlaments durch größere
Wahlkreise redet niemand mehr. Dabei sind 237 Abgeordnete auch im
einwohnerstärksten Bundesland überzogen – ein Landtag mit 100 oder
150 Parlamentariern wäre sicher nicht weniger wirkungsvoll. Und dass
sich das Hohe Haus aus Proporzgründen gleich vier Vize-Präsidenten
leistet, hat mit dem Arbeitsanfall wenig zu tun. Ein Platz im
Präsidium als Gnadenhof für Altgediente? Das kann sich das hoch
verschuldete Land auf Dauer nicht leisten. Eine Reform muss aber bald
eingeleitet werden, bevor die nächste Landtagswahl vor der Tür steht.

Ein selbstbewusstes Bundesland NRW braucht eine eindrucksvolle
politische Vertretung. Das Thema eignet sich nicht für eine
Neiddebatte oder wohlfeile Politikerschelte. Angesichts leerer Kassen
muss der Landtag aber bescheidener werden. Die bisherige Praxis, den
Fraktionen Wünsche zu erfüllen, nur um den Parlamentsfrieden zu
wahren, muss ein Ende finden. Eine Präsidentin, ein Vize reichen
vollkommen aus. Und ob ein weiterer U-Ausschuss zur Klärung der
NSU-Vorgänge zwingend ist, obwohl bereits mindestens zwei in anderen
Bundesländern und ein Prozess in München laufen, sollte einen
Gedanken wert sein.

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