Westfalenpost: Helfen nun Soldaten bei der inneren Sicherheit?

Gesetzt den Fall, ein Irrer schießt aus seiner
Wohnung auf die Straße, und die Polizei hat gerade kein
Panzerfahrzeug zur Hand, das genügend Schutz bietet, darf die
Bundeswehr dann aushelfen? Oder, noch grässlicher, Terroristen kapern
ein Flugzeug und steuern das Kanzleramt an . . . Es
sind konstruierte Szenarien wie diese, mit denen Befürworter
erweiterter Einsatzbefugnisse des Militärs im Inland gerne
operieren.

Die Debatte begleitet uns seit den
Terrorattacken des 11. September 2001. Sie hat in den Jahren seither
immer wieder Züge eines Glaubenskrieges angenommen. In Zeiten
globaler Terrordrohung sei die Grenze zwischen äußerer und innerer
Sicherheit hinfällig, argumentieren Innenpolitiker der Union. Während
es Liberale oder Grüne bereits vor dem Dammbruch graust, vor
Kriegsrecht und Ausnahmezustand, dürfte sich die Polizei den Panzer
von der Bundeswehr tatsächlich ausleihen.

Es bedurfte
jetzt einer Plenarentscheidung, um einen drohenden Dissens zwischen
den beiden Senaten des Gerichts auszuräumen. Ob sie den Praktikern
der Politik eine große Hilfe ist, fragt sich allerdings. Zwar,
militärischer Waffeneinsatz im Inland gilt fortan nicht mehr
grundsätzlich als Tabu. Allerdings nur in „Ausnahmesituationen
katastrophischen Ausmaßes“. Darunter mag sich nun jeder vorstellen,
was er möchte.

„Gegen Demokraten helfen nur Soldaten“,
reimte einst ein preußischer König. Es sind die Erfahrungen der
Vergangenheit, die in unserer Verfassungstradition einen besonderen
Vorbehalt gegen den Gebrauch des Militärs als innenpolitisches
Machtinstrument begründen. Daran will niemand ernsthaft rütteln.
Schon gar nicht das Verfassungsgericht.

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